Besuch aus der Heimat

Lange ist es her, seit ich von mir hab hören lassen; in Form eines Blogartikels! Und dann kommt noch hinzu, dass den letzten Monat so einiges in und um Lanping passiert ist! Aber der Reihe nach:


Wie bereits im letzten Artikel angedeutet kamen uns in Lanping Julian und Vicky für einige Tage besuchen. Und wenn der Chef schon einmal persönlich vorbeischaut, dann muss das ja auch genutzt werden. Deshalb veranstalteten wir ein Geschäftsessen mit der Youth League um unsere Bemühungen in Sachen Kleiderprojektabgabe ein wenig voran zu treiben. Das Geschäftsessen war dann auch ein voller Erfolg und zum Schluss gab es dann noch einen Handschlag zwischen Julian und der Chefin der YL auf eine festere Zusammenarbeit zwischen uns und ihnen. Zudem sicherte man uns zu, dass die YL uns beim Neu-Bestreichen unseres Kleidercontainers behilflich sein will! Und noch in einem weiteren Punkt brachte uns der Besuch der beiden in Bezug auf die Projektarbeit weiter: so fuhren vier von uns zusammen mit Julian und Vicky nach Tu’er (die dort etwas wegen Vickys Familie regeln mussten) um in den umliegenden Bergdörfern Scouten zu gehen. Und da sie dort auch fündig wurden, steht uns recht bald schon eine weitere Kleiderverteilung an. Man darf also gespannt sein!

 

Und direkt danach gab es dann gleich noch einmal Besuch aus Deutschland: diesmal von meinen Eltern! Die hatten die Osterferien einfach mal genutzt um ihren Sohn im fernen Yunnan zu besuchen und sich einmal anzuschauen, wie der da eigentlich lebt. Und weil man, wenn man schon mal ans Ende der Welt fährt, auch noch etwas davon sehen will ging dem eigentlichen Besuch in Lanping noch eine fast zweiwöchige Tour durch Yunnan voraus: zunächst noch einmal zwei Tage in Hong Kong, bevor es mit dem Flieger weiter nach Kunming ging. Natürlich inklusive dem berühmten Steinwald! Und danach immer weiter nach Norden: über Dali und Lijiang nach Shangri-La. Danach ging es dann zurück nach Lijiang, von wo ich die beiden abholte … und ab dann begann das ‚richtige China‘.

Und das ging schon am Busbahnhof von Lijiang los: waren meine Eltern bisher in Express-Bussen unterwegs gewesen (die fast denselben Standard aufweisen können, wie deutsche Fernbusse), so gab es Richtung Lanping lediglich die guten, alten, südchinesischen ‚Bauernbusse‘. Auch wenn die Fahrt für mich eine verhältnismäßig ruhige und schöne war (da Lijiang ein noch recht entspanntes Ziel ist), so war es für meine Eltern schon das erste Erlebnis. Halt all das, was für mich mittlerweile zur Gewohnheit geworden ist: rauchende Fahrgäste, ständiger Luftzug durch den Bus, laute Musik und kotzende Chinesen! Wobei uns bei dieser Fahrt sogar die letzten zwei Punkte erspart wurden.

Endlich in Lanping angekommen ging der Spaß dann auch gleich weiter, denn die sonst gewohnten Vier-Sterne-Hotels gibt es in Lanping schlicht nicht. Und außerdem: wenn schon in hinteren Winkel von China, dann auch gleich so wohnen, oder!? Also ging es zunächst in ein bescheidenes Hotel in Lanping (praktischerweise direkt neben dem Busbahnhof). Aber meine Eltern wären schließlich nicht meine Eltern, wenn sie sich nicht auf solch eine Situation einstellen könnten, und so wurde gleich zu Beginn ein Wasserkocher gekauft, damit man zumindest nicht auf den allmorgendlichen Kaffee verzichten muss.

Noch am selben Abend wurde die Ankunft meiner Eltern dann, wie es sich für China gehört, mit einem zünftigen KTV-Abend zelebriert. Eine in jedem Fall würdige Begrüßung! Und auch, wenn der Abend etwas länger dauerte, war am nächsten Tag nicht wirklich viel mit ausschlafen, denn schließlich wollten meine Eltern auch etwas von meiner Heimat sehen und so stand am nächsten Tag der ErWuShan auf dem Plan, ihr wisst schon, dieser schöne Berg über Jinding mit einer wunderschönen Aussicht über Lanping und Jinding. Und da glücklicher Weise auch das Wetter mitspielte wurde aus diesem Tag ein wunderschöner Familienausflug. Und was ist natürlich ein Muss, wenn man seinen Sohn (der zufällig Englischlehrer ist) im fernen Südchina besucht, besonders wenn man darüber hinaus selber noch als Lehrkraft tätig ist!? Ganz klar: mindestens eine Unterrichtsstunde des Sohnes miterleben! Und dafür war der nächste Tag da, ein Montag. Ich muss ja sagen, dass ich erwartet hatte, dass die Klasse nahezu unkontrollierbar sein wird, denn schließlich kommen nicht alle Tage zwei fremde Ausländer in den Unterricht. Wieder zu erwarten trat dann aber das komplette Gegenteil ein: ich weiß nicht, ob sie eingeschüchtert oder unter Schock waren, oder ob sie sich oder mich einfach von der besten Seite präsentieren wollten, aber auf jeden Fall war die ganze Klasse wirklich ruhig und beherrscht und fast alle Schüler verfolgten das Unterrichtsgeschehen. Und wer schon einmal eine siebte Klasse an der Jinding Zhongxue unterrichtet hat, der weiß, dass ein solches Verhalten nur sehr selten zu beobachten ist. Aber nun gut! Zumindest hatten alle Spaß (auch ich und soweit ich das bewerten kann auch meine Eltern) und das ist ja schließlich die Hauptsache. Und außerdem: wann verhält sich eine deutsche Klasse bitteschön einmal normal, wenn der Lehrer hohen Besuch mitbringt?

Aufgrund schlechten Wetters musste unsere geplante Familienwanderung durch die Tigersprungschlucht bei Lijiang leider abgesagt werden, aber letztendlich gab mir das noch einmal die Chance meinen Eltern Lanping und die Umgebung noch einmal deutlich besser zeigen zu können: so verbrachten wir noch einen Tag damit Lanping zu ‚erkunden‘ (natürlich mit dem berühmten Fruchtsaft) und einen weiteren (letzten) Tag noch einmal ein wenig damit durch die Dörfer und Felder südlich von Jinding zu wandern. Und dann ging es für meine Eltern auch schon wieder zurück nach Lijiang und dann über Kunming und Hong Kong ‚back 2 Germany‘!

Alles in allem war es echt toll, meinen Eltern meine Heimat zeigen zu können und die Chance zu haben sie in mein Leben eintauchen zu lassen, mit all den Vor- und Nachteilen! Auch wenn der Austausch, und speziell die Berichte aus der Heimat, dann doch schon das Potenzial hatten, Heimweh zu provozieren; ganz besonders, wenn es um das Thema essen ging! Und doch haben mich auch gerade diese Berichte darin bestärkt, die Zeit, die ich hier noch habe, so gut es geht zu genießen und mich dann aber auch schon auf das Leben zu freuen, dass danach in Deutschland weiter geht, mit Studium, Familienfeiern und Freunden, mit Pfadfindern und Badminton und was Deutschland halt alles so bedeutet. Aber natürlich auch mit all den Verpflichtungen und Normen, die einem das chinesische Leben so allzu einfach abnimmt, halt mit all seinen Vor- und Nachteilen!

Und dann gab es da freilich noch unsere Containerbemalung! Das unser Kleidercontainer hier in Lanping ständig Wind und Wetter ausgesetzt ist, sah er mittlerweile, nach gut einem Jahr als ihn die letzte Generation gestrichen hatte, recht bedürftig aus! Also: alte Farbe abschleifen, neuen Grundlack (Autolack, weil wegen widerstandsfähiger gegen Witterung als Farbe) drauf sprühen und dann, in einer schönen Aktion, mit der Youth League den Container neu verzieren. Beim dritten Anlauf endlich sagte die YL dann auch nicht kurzfristig ab, sie kam einfach nicht … naja! Spaß war trotzdem vorhanden und auch er Container erstrahlt nun wieder in voller Pracht!

 

So, wie gesagt stehen die nächste Zeit auch noch ein paar Events an: allen voran natürlich die Kleiderverteilung und eine Hygieneaktion in der Nähe von Tu’er, zu der wir morgen bereits aufbrechen werden; ein Teil wird dabei auch der erste praktische Test unserer neu geplanten Hygienewoche sein! Zudem steht am Freitag das 2/3-Bergfest (nach Monaten) und am Samstag noch einmal das 2/3-Bergfest (diesmal nach Tagen) unseres Freiwilligendienstes an. Zudem noch 1. Mai und Anfang Mai dann noch einmal eine Visumsverlängerung in Liuku, schließlich bekommen wir nun ja doch unser Visum für die letzten drei Monate!

Ihr werdet also hoffentlich recht bald wieder von mir hören; nach Plan Anfang nächster Woche! Soweit erst mal aus Lanping, ich werde jetzt meine Tasche für die nächsten Tag in Tu’er packen …


Liebe Grüße!

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Kommentare: 2
  • #1

    deine Eltern (Dienstag, 28 April 2015 22:12)

    Lieber Till,wir waren schon sehr gespannt auf deinen Blogeintrag und haben uns sehr darüber gefreut. Wir fanden es wirklich sehr abenteuerlich und großartig dich zu besuchen. Einmal live zu sehen, wie ihr in eurer chinesischen Heimat lebt und arbeitet, war beeindruckend. Wie ihr Wohlstandskinder unter so einfachen Bedingungen lebt und euch eingerichtet habt und dabei so begeistert seit, Hut ab! Auch haben wir uns sehr gefreut deine Mitstreiter kennen gelernt zu haben.
    Ihr seit eine tolle Truppe.
    Wir sind nun wieder im alltäglichen Trott und erzählen natürlich sehr viel über
    unsere Reise Abenteuer: die tolle Landschaft, die freundlichen Chinesen, das
    leckere Essen und die vielen alltäglichen Besonderheiten. Einzig die Toiletten
    vermissen wir nicht.
    Liebe Grüße von deinen Eltern

  • #2

    die 3 Adendorfer (Freitag, 01 Mai 2015 17:24)

    Lieber Till,
    es war wie immer toll Deine neuesten Erlebnisse zu lesen.
    Wie schön für Dich und Deine Eltern, das Du ihnen einen aufregenden und abenteuerlichen Eindruck über Dein Leben in China vermitteln konntest.
    Wir sind schon sehr gespannt auf die Bilder und Erzählungen beim nächsten Besuch Deiner Eltern.
    Genieße Deine restliche Zeit in China und bleibe gesund.
    Liebe Grüße von Oma Alma, Gudrun und Frank