Eine neue Heimat

Und dann ist es auch schon so weit und Lanping liegt erst mal hinter mir … Mit dem Nachtbus nach Kunming und von dort dann, mit dem Zug, dann raus aus Yunnan. Diesmal gute 35 Stunden Richtung Osten, bis ich im Westen der Provinz Jiangxi in meiner, für mehrere Monate, neuen Heimat ankam: Jinggangshan. Und diese Stadt mit (angeblich) 150.000 Einwohnern trieft nur so vor chinesischer Geschichte, immerhin war es Jinggangshan, wo es Mao nicht mehr aushielt und zu seinem Großen Marsch aufbrach. Wobei besagter Ort eigentlich in den umliegenden Bergen liegt und das was man heute unter Jinggangshan (JGS) versteht, eine nicht mal dreißig Jahre alte Planstadt ist, und daraus auch keinen Hehl macht. Ein durchgeplantes Straßenmuster, (viel zu) große und breite Straßen, viele Grünflächen und noch mehr große, klotzigen Kommunisten-Bauten, die vom Stil her auch gut in Germania Platz gefunden hätten. Aber alles in allem muss ich schon sagen, dass mir die Stadt durchaus gefällt.

Das Wetter hier macht dann genauso viel Spaß, wie eine Busfahrt im Bauernbus von Kabul nach Damaskus: nämlich nicht ganz so viel … jetzt im Sommer liegt das Thermometer gerne mal länger, deutlich über 30 Grad und nachts kann man immer noch „gemütlich“ mit T-Shirt draußen rum laufen. Dazu noch die passende Luftfeuchtigkeit, und das Klima ist (mehr oder weniger) perfekt. Und die Freiwilligen von hier versicherten mir, dass das die nächsten Monate auch erst mal noch mehr wird! Und im Winter sollen sich die Temperaturen dann auch schon öfters mal im zweistelligen Minusbereich herumtummeln. Aber das ist dann nicht mehr mein Problem, weil es für mich dann ja schon pünktlich wieder auf deutsche Weihnachtsmärkte geht. Und da kann ich mich auch mit niedrigen Temperaturen und Schnee anfreunden …

Früher dachte ich, dass China zur Küste hin zivilisierter, weltoffener wird und dass unsere Erlebnisse in Yunnan damit zusammen hängen, dass wir halt tausende Kilometer von der Ostküste entfernt wohnten. Aber wenn das tatsächlich so ist, dann ist der „zivilisierte“ Streifen der Küste deutlich dünner als bisher gedacht, denn obwohl JGS schon deutlich näher an der Küste liegt, als Lanping, sind die Leute hier mindestens genauso bedeppert! Die Leute schmatzen wie eh und je, es wird überall hingespuckt, die Menschen können, genau wie in Lanping (in der Regel) kein Auto fahren und auch der Rassismus, wie man ihn aus Lanping und ganz Yunnan kennt herrscht hier schöner denn je! Also man wird nicht etwa beleidigt und in der U-Bahn zusammen getreten, wie das ja viele deutsche Rassisten praktizieren, aber überall angestarrt zu werden, ständig zu bemerkten, wie Chinesen heimlich Fotos zu machen versuchen, man die Menschen überall „Ausländer“ rufen hört, wo man auftaucht und ja, auch wenn man von Leuten eingeladen wird, bei denen man merkt, dass sie dich nur einladen, weil sie dann mit den Ausländern rum hängen können; ja, auch das ist Rassismus!

Soweit also erst mal ein kurzer Überblick über meine neue Heimat, wo ich mich schon richtig freue, in knapp zwei Wochen (wenn mein eigentliches Freiwilligenjahr auch schon vorbei ist: WOW!!!) die neuen Freiwilligen am Flughafen abzuholen und einige spannende Monate mit ihnen zu verbringen! Aber jetzt heißt es noch einmal Koffer packen und die letzte Woche unter den Palmen Hainans am Strand zu verbringen. Denn um unser Auslandsjahr gebührend auslaufen zu lassen treffen wir uns für die letzte Woche nochmal alle auf der südchinesischen Insel, die auch als das Hawaii Chinas bezeichnet wird … Der nächste Bericht wird also (hoffentlich) ein paar Palmen und ganz, ganz viel Sonne beinhalten!

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