Das Abenteuer beginnt ...

9. Septmeber 2014

… und bereits jetzt ist genug für ein ganzes Jahr passiert – zumindest dem Gefühl nach! Seit knapp 80 Stunden sind wir nun schon unterwegs, und kriegen mehr und mehr die Gewissheit, dass man uns ans Ende der Welt geschickt hat! Denn trotz mehr als drei Tagen Reisezeit kann ich stolz verkünden: Wir sind immer noch nicht bei unserer Wohnung angelankt! … auch wenn wir bereits sehr nah dran waren.

Doch von vorne: Am Mittwoch, den 4. Ging es morgens um 4 Uhr von Kiel aus los. Mit dabei waren Aliena, Angelina, Matthias und Jan, vier Mit-Freiwillige, die ebenfalls aus Kiel, oder der Umgebung kamen. Im Nachhinein ist es glatt ein Wunder, wie weit wir bereits gekommen sind, wenn man bedenkt, dass die 4 im Chinesischen die größte Unglückszahl ist und unser Zug am 4. um 4.04 Uhr ging! Aber weiter im Text: von Kiel aus ging es zunächst nach Hamburg, von wo unser ICE nach Frankfurt gehen sollte und Julia und Lukas zu uns stießen. In Frankfurt gesellten sich noch ein paar weitere Freiwillige zu uns und so kamen wir schließlich gegen 11 Uhr am Flughafen an. Dort trafen wir dann auch auf die restlichen Freiwilligen und auch Julian und Luca (unsere Projektleiter) sowie einige Ehemalige waren dort um uns gebührend zu verabschieden. Der 11-stündige Flug nach Hong Kong war dann, bis darauf, dass er verdammt lang war eigentlich nicht sonderlich besonders und die 5 Stunden Aufenthalt am Flughafen Hong Kong wurden dann dazu genutzt, sich mit dem ersten Hauch chinesischer Kultur vertraut zu machen, sich zu orientieren und das richtige Gate zu finden, noch einmal das letzte freie Internet zu nutzen oder einfach nur schlafen, denn obwohl man auf langen Reisen eigentlich ständig schläft ist man doch irgendwie immer müde. Nach dem immerhin noch knapp 5-stündigen Flug nach Kunming (in China war es mittlerweile Freitagnachmittag) und erfolgreicher Passkontrolle, sowie Gepäckabnahme, wurden wir von unseren chinesischen Partnernern, sowie Leonard (einem Ehemaligen der letzten Generation, der seinen Dienst verlängert hat) sowie einigen anderen Ehemaligen am Flughafen empfangen und noch einmal eine gute Stunde ins Hotel gefahren. Obwohl wir alle todmüde waren und eigentlich nur noch schlafen wollten, kamen wir nicht drum rum noch eine chinesische Spezialität zu „genießen“. Dabei handelte es sich um eine Suppe, deren Hauptbestandteile Fett und Pfeffer gewesen zu seinen scheinten. Je nach Geschmack konnte man dann noch Gemüse, rohe Eier oder (größtenteils undefinierbares) Fleisch, sowie Glasnudeln hinzugeben.

Am nächsten Morgen ging es dann für die 16 Freiwilligen aus Nujiang mit einer Art chinesischem Fernbus zunächst nach Liuku. (Die restlichen Freiwilligen waren bereits am frühen Morgen (also quasi mitten in der Nacht) zunächst nach Shanghai und von dort dann nach Jiangxi geflogen) Die Busfahrt führte uns durch die wunderschönen Berge Südchinas (die letzten Ausläufer der Himalaya) und brachte uns neben chinesischen Raststätten auch das Gefühl der chinesischen Zeit etwas näher, denn wurde die Fahrt noch am Morgen auf 8 Stunden angesetzt, so waren es tatsächlich gute 12 … In Liuku angekommen wurde die eine Hälfte der Gruppe bereits von ihren Schulleitern bzw. Lehrern abgeholt und zu den jeweiligen Schulen gebracht, während Leonard, Simon, David, Philipp, Pascal, Leon und ich uns noch einmal mit einem Hotel zufrieden geben mussten, jedoch nicht bevor wir erneut zum Essen eingeladen wurden. Währenddessen konnte Leonard seine Hassliebe zu Peter Wang vertiefen, einem Aushilfslehrer der Minzu Zhongxue Schule in Lanping, der gerade sein Studium in Peking abgeschlossen hat. Und diese Herkunft merkte man ihm auch deutlich an, weil er nichts von der Gelassenheit besaß, die man normalerweise in Nujiang an den Tag legte und die sich auch Leonard schon recht gut verinnerlicht hatte. Egal ob es darum ging eine Fahrt zum Hotel zu organisieren oder ein Schlafplatz für Leonard zu finden: während dieser allem ganz gelassen entgegensah, verfiel Peter quasi in Panik, wollte alles organisieren und entschuldigte sich tausende Male, für das Durcheinander, womit er Leonard fast zur Weißglut trieb.

Sonntag früh ging es für uns sechs dann mit zwei Autos über wilde Straßen nach Lanping (Leonard war mit dem Bus vorgefahren um genug Platz in den Autos zu schaffen …). Und wieder durften wir die wunderschöne Landschaft, gutes chinesisches Essen, die teils selbstmörderische Fahrweise der Chinesen, sowie deren Zeitverständnis erleben: aus anfangs 4 bis 5 Stunden Fahrt wurden 7! In Lanping angekommen hieß es für Leon und mich Abschied von den restlichen Freiwilligen zu nehmen, da wir endlich, gegen 17 Uhr an unserer Schule, der Jingding Zhongxue, angekommen waren. Doch unsere Hoffnung nun endlich in unsere Wohnung einziehen zu können wurden recht bald zerstört, als unsere Schulleiter uns erklärte, dass wir die Nacht noch einmal im Hotel verbringen sollten, das Feiertag sei und die Lehrer noch nicht an der Schule seien und … ach, ich weiß es auch nicht!

Am Hotel trafen wir dann auch auf einen Dolmadger (Englischlehrer!??), der Leon und mich endgültig in den Wahnsinn trieb, weil er wohl davon ausging, dass wir kein oder kaum Englisch sprächen, woraufhin er uns alles zig mal erklärte: Egal ob wir uns ausruhen sollten („make a rest now, make rest“), er uns erklärte, dass er uns etwas zu Essen besorgen will („buy food“), oder wann er uns morgen abholen wolle („well see you tomorrow ten o’clock, tomorrow! Ten o’clock!“). Das Problem war schlicht, dass er einfach kein Englisch konnte!!

Und nun liegen wir hier im Hotel in Lanping, „maken eine rest“ und ich finde endlich mal ein wenig Zeit ein wenig zu schreiben … Wenn wir dann die nächsten Tage hoffentlich mal irgendwann Internet haben, werdet ihr das hier auch endlich lesen können!

Ich entschuldige mich jetzt schon einmal für diesen langen Text, aber wie gesagt: es war einfach so viel los und das hier war auch nur eine grobe Zusammenfassung. Soweit erst einmal das Wichtigste: mir (und auch allen anderen, soweit ich weiß) geht es gut, wir sind gut angekommen, dass Essen ist (meistens) auch ganz akzeptabel und die Leute immer super nett (wenn auch manchmal etwas speziell)! Das war es erst mal von mir, ich melde mich, wenn es wieder spannende Neuigkeiten gibt, also wohl ziemlich bald … Liebe Grüße an Deutschland, oder wo ihr gerade alle steckt!


UPDATE:

sind mitlerweile in der Wohnung angekommen ... mehr dazu in Kürze!


Eine Woche!? ... wow!

12. September 2014

Kaum, dass man sich versieht, rennt die Zeit und die erste Woche in China ist schon vorbei. Vor eben dieser Woche war das alles hier noch so unglaublich weit weg und plötzlich ist man mitten drin! Plötzlich fühlt sich alles so normal an, als ob man schon immer hier leben würde, als ob man es nicht anders kennen würde. Und doch gibt es sie natürlich, die Unterschiede: manche größer manche kleiner! Toiletten, Essen, das öffentliche Leben, oder generell der gesamte Tagesplan. Es ist verrückt … obwohl alles so neu ist, hat man sich, zumindest gefühlt, darauf eingelassen und es als normal akzeptiert. Und obwohl sich alles so alt und gewohnt anfühlt waren die ersten Tage hier natürlich etwas Besonderes:

Denn seit Montag (endlich) haben Leon und ich auch endlich unsere eigene Wohnung. Wirkte sie zuerst noch ein wenig heruntergekommen haben wir uns doch schnell an sie gewöhnt und sie doch irgendwie lieb gewonnen! Hier nochmal einen herzlichen Dank an Ninja und Freddy, die uns die Wohnung so ordentlich hinterlassen haben und überall Erläuterungen hinterlassen haben. Von dem informativen Empfangsschreiben mal ganz abgesehen! Also, wenn ihr das hier lesen solltet: Tausend Dank von Leon und mir!!!


Nun sind wir also endlich in unserer Wohnung, und wieder einmal erstaunte uns das Verhalten der Chinesen ein wenig: am Montag wurden wir (wie versprochen) pünktlich um 10 Uhr vom Schulleiter am Hotel abgeholt und nach einem Frühstück, bei dem gefühlt das gesamte Kollegium vorbei schaute, zur Schule gebracht. Dieser zeigte uns unsere Wohnung und hat seit dem kein Kontakt mehr zu uns gesucht. Auch niemand sonst von der Schule scheint momentan Interesse an uns zu zeigen. Wir wissen quasi nichts über die Schule, oder unseren Unterricht: wann wo was wir unterrichten sollen? Alles unklar! Leonards Rat dazu: Ruhe bewahren! Wenn sie was wollen werden sie schon auf uns zukommen … Also nutzen wir die ersten Tage anderweitig:

Mit Leonards eifriger Unterstützung haben wir Lanping kennen gelernt, interessante Orte und Restaurants entdeckt, die beiden anderen Schulen dort besucht, Handykarten gekauft und die ersten Chinesen kennen gelernt. Und da sind wir auch schon bei der ersten großen Lehre, die wir aus diesen ersten Tagen ziehen können: Fahre niemals mit einem Chinesen nach Hause, wenn du schlafen gehen willst! Wenn der Abend jedoch noch jung ist, lohnt es sich durchaus mit einem Chinesen nach Hause zu fahren … denn mit recht großer Sicherheit können wir sagen: man kommt dort einfach nicht an! Vielmehr landet man letztendlich mit einem Haufen unbekannter Chinesen in einem der unzähligen KTVs (KTV = Karaoke-Bar) der Stadt.

Direkt am Montagabend waren wir (Leonard, Philipp, Pascal, Leon und ich) mit Mike, einem Chinesen, den die letzte Baumhaus-Generation kennen lernte, sowie einem seiner Freunde in Lanping unterwegs. Nach verdammt guten, gebratenen Nudeln, einem Tanz mit hunderten Chinesen auf dem zentralen Platz und einem gemütlichen Spaziergang durch die nächtlich-ruhige Stadt, bot Mike Leon und mir an, uns die knapp 5 Kilometer von Lanping zu unserer Schule in Jinding mit dem Auto zu fahren, da der letzte Bus seit knapp einer Stunde weg war. Nachdem wir eingewilligt hatten und schon fast an der Schule waren, erklärte Mike, er wolle uns nur kurz einer Freundin vorstellen, die einen Minderheitenladen in Jinding besitzt, danach würde es auch schnell zur Schule gehen, versprach er. Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit den Laden endlich verließen, schlug Mike vor, wir könnten mit ihm ins KTV fahren und ein paar seiner Freunde kennen lernen. Knapp vier Stunden, einer ganzen Menge ge-exter Biere, einem Haufen viel zu lauter und schräg gesungener Lieder, sowie vielen neuen Freunden später, fuhr der gut angetrunkene Mike uns schließlich an unsere Schule und ließ uns endlich schlafen.

Zwei Tage später, fast die gleiche Szene: Wir saßen alle zusammen mit einer Freundin von Leonard in einer Saftbar in Lanping und genossen einen ruhigen Abend, als Philipp, Pascal und ich beim Zurückkommen von der Toilette auf mehre, angetrunkene aber durchaus nette Chinesen trafen. Eine gute halbe Stunde später: alle Freiwilligen (Leonard war schon nach Hause um eine Unterrichtsstunde für den nächsten Tag vorzubereiten) saßen nun mit eben jenen Chinesen am Tisch, lehrten die letzten Bierreserven, sprachen über dieses und jenes und versuchten Sprachbarrieren zu überbrücken … was unter Alkoholeinfluss erstaunlich gut geht! Gegen 10 Uhr bot uns (Leon und mir) einer der Chinesen (Yang Yong Bin) an, man könne sich ja ein Taxi nach Jinding teilen, da er dort ebenfalls hin müsse. Doch auf dem Weg dorthin rief eine Freundin von ihm an und fragte, ob er Lust auf KTV habe … Lange Rede, kurzer Sinn: der Abend endete natürlich wieder im KTV. Als Jordan (wir hatten Yang Yong Bin mittlerweile einen englischen Namen gegeben) nach dem KTV anfing sich mit zwei Freunden lauthals zu streiten, hatten wir genug, flüchteten zum nächsten Taxi und entkamen so endlich in unser Bett.

Gestern hieß es dann trotzdem früh aufstehen, da wir bei einer Englischstunde von Leonard an der Lanping Minzu Zhongxue zuschauen wollten um einen ersten Eindruck von dem zu bekommen, was auf uns zu kam. Bis darauf, dass man, wie eigentlich überall, von allen Seiten angeschaut, ja glatt angestarrt wurde gibt’s hierzu allerdings nicht so viel zu sagen. Außer vielleicht: das Kantinenessen dort ist wirklich geil!

Am Abend trafen wir uns dann alle in unserer Wohnung um gemeinsam zu kochen und einen schönen Abend zu verbringen. Am Mittag hatten wir geplant einen Berg westlich von Lanping zu besteigen, dort zu schlafen und am nächsten Morgen den Sonnenaufgang zu genießen. Also brachen wir gegen 10 Uhr auf und sahen uns knapp 1400 Stufen später auf eben jenem Berg wieder und genossen den wundervollen Ausblick über das nächtlich Lanping und die umliegenden Täler. Bis darauf, dass es sch***e kalt war, der Boden zu steinig und uneben zum schlafen und zu allem Überfluss am nächsten Morgen eine Wolkendecke den Sonnenaufgang gänzlich verdeckt, war es eigentlich ein ganz gelungener Ausflug. Und nun hängen wir alle in unseren Wohnungen, holen den Schlaf nach, der uns nicht gegönnt war und leben sozusagen in den Tag.

Übliche Statusmeldung: uns geht es allen gut, keiner ist wirklich ernsthaft krank und gestorben ist auch noch keiner. Soweit also eigentlich allesganz oke!

Kleiner Spoiler: vielleicht wird sich in den nächsten Tagen unsere Zweier-WG ein wenig vergrößern! Also seid gespannt …


Fast wie Zuhause ...

18. September 2014

Jetzt bin ich schon gute zwei Wochen fern der Heimat und es kommt mir so vor, als wären es schon mindestens zwei Monate. Wieder einmal bin ich erstaunt darüber, wie schnell man sich in fremde Begebenheiten eingewöhnt, erst Recht, da es sich um eine komplett andere Kultur handelt und hier wirklich (fast) nichts ist, wie in Deutschland. Und obwohl man davon ausgehen könnte, dass man die Heimat doch vermisst, bin ich auch erstaunt darüber, dass dem überhaupt nicht so ist. Dafür gefällt es mir hier viel zu sehr: das Wetter, die wunderschöne Landschaft und natürlich die Menschen … Aber auch wenn dem nicht so wäre haben wir einfach viel zu viel zu tun, als das da Platz für Heimweh bliebe und das, obwohl wir noch nicht einmal mit dem Unterrichten angefangen haben …

So sind wir letzte Woche in unsere Projektarbeit gestartet, als wir uns daran machten, die gesammelte Altkleidung von bestimmt einem Viertel Jahr zu sortieren. Gefühlte zehn Tonnen Klamotten nach Geschlecht, Alter und Kleidungsstück zu sortieren ist schon einiges an Arbeit, auch wenn sieben fleißige Paar Hände mit anfassen.


Und obwohl man sich so heimisch fühlt lernt man doch immer wieder neue, chinesische Gebräuche und Traditionen kennen. So beispielsweise das Spazierengehen! Wer jetzt meint, „Hää!? Das kenn ich doch!“, der hat wahrscheinlich noch nie Chinesen spazieren gehen sehen. Denn Chinesen spazieren nicht eine Strecke, sondern eine Runde … eine Runde auf dem Sportplatz, genauer gesagt auf der 400m-Bahn, immer im Kreis und das bis zu ein paar Stunden lang. Immer im Kreis! Und für wen das zu einfach ist, gibt es natürlich noch eine vorgeschrittene Übung: Rückwärtsgehen! Ja, genau! Stellt euch also gut Hundert Chinesen vor, die einfach nur im Kreis gehen und einige von denen auch noch rückwärts. Natürlich mussten wir (Leonard, Leon und ich) das auch gleich ausprobieren und haben so unsere ersten Runden auf dem Sportplatz gedreht, natürlich auch rückwärts. Was sich zunächst komisch anfühlt und auch für witzige Gedanken sorgt, hat bestimmt irgendeinen physiotherapeutischen Sinn und ist irgendwann auch recht entspannt.

Unser chinesischer ‚Kulturunterricht‘ ging am Monat weiter, als wir am Montag in Philipps Geburtstag rein feierten und uns dazu zum Barbecue trafen, heißt alle setzen sich um einen Tisch, in dessen Mitte ein Grill angebracht ist und da kommt dann drauf, was die chinesische Küche so hergibt: das fängt mit ganz normalem Hünchenfleisch und Zucchini an und geht über Formfisch und Gänsefüße bis hin zum Hühnerpo! Und als Beilage frittierte Mehlwürmer und Heuschrecken. Zwar mehr oder weniger gewöhnungsbedürftig, aber deshalb noch lange nicht minder lecker, besonders die Insekten erinnern stark an Chips mit leicht fleischigem Geschmack.

Um Mitternacht (also zu Philipps Geburtstag) wies Leonard uns in eine weitere chinesische Tradition ein: und zwar bekommt das Geburtstagskind eine aufwendig dekorierte Torte geschenkt, die natürlich auch gegessen wird. Weil das aber irgendwie zu langweilig wäre, darf jeder Gast sich vorher ein Stück Torte nehmen (um nicht zu sagen: grabschen) und es dem Geburtstagskind liebevoll im Gesicht platzieren (um nicht zu sagen: schmieren). Weil das aber auch irgendwie langweilig und einseitig ist, weil wir Deutschen das doch bestimmt besser können, hauptsächlich aber, weil Philipp nicht einsah der Einzige mit Kuchen im Gesicht zu sein, bauten wir diese Tradition ein wenig aus, was, einfach gesagt, in einer absoluten Kuchenschlacht mündete, nach der wir, und natürlich auch der Raum, nicht mehr allzu sauber waren … aber es hat Spaß gemacht!!

Heute Morgen bauten Leon und ich dann unsere Kenntnisse im (Vorwärts-)Gehen aus, als wir uns mit Jenny verabredeten, um unsere Internetflat zu verlängern. Sie meinte, wir müssen nur warten, bis ihre Nachbarin wach wäre, die im China-Unicom Laden arbeiten würde und das alles für uns regeln würde … also lud sie uns spontan zu einer Runde Spazierengehen ein. Aus der einen Runde wurden dann doch einige mehr und die Zeit nutzen wir um mit ihr über Dies und das zu reden, hauptsächlich rund um die Schule. So fragte Jenny uns dann auch irgendwann, ob wir nicht Lust/ Zeit hätten ihr ein wenig Deutsch beizubringen. Da man so etwas natürlich schwer ablehnen kann und da wir uns auch Fortschritte für unser Chinesisch erhofften willigten wir ein und verabredeten uns am Abend für eine erste Deutschstunde.

Zuvor fuhren wir noch schnell nach Lanping um im „Baumarkt“ Farbe und Pinsel zu kaufen (wir wollen die Tage nämlich mit einer groß angelegten Renovierung unserer Wohnung beginnen).

Nun haben wir unsere erste Stunde (wenn auch nicht English, wie gedacht) hinter uns, Jenny kann ihre ersten deutschen Worte und auch wir hatten eine Menge Spaß, sei es weil sie versuchte Laute auszusprechen, an die der normale Chinese nie auch nur denken würde oder weil wir selbst uns in die Grundlagen des Deutschen vertieften, über die man noch nie nachgedacht hat, weil sie einfach so da sind, sitzen in unserer Wohnung (der erste Raum ist wegen der bevorstehenden Renovierung fast gänzlich leer geräumt) genießen den ruhigen Abend und ich versuche mich, mit einer gemütlichen Fleecejacke und einer ganzen Menge gutem, chinesischem Tee einer aufkommenden Erkältung entgegenzustellen (wahrscheinlich die späte Folge unserer nächtlichen Bergwanderung). Ansonsten ist hier alles gut, wir genießen die letzten ruhige Tage bis zu Start des (offiziellen) Unterrichts und sehen einem spannenden Jahr entgegen.

Liebe Grüße an dieser Stelle, auch von Leon und bis denn …


Von Farbe, Banken und Hochzeiten ...

23. September 2014

Die Renovierungen haben begonnen! … und sind schon fast wieder vorbei. Der erste Raum (Wohnzimmer) ist bereits vollständig gestrichen und auch vom zweiten kann man das fast schon sagen. Wenn wir unseren Plan einhalten können, können wir bereits morgen die Pinsel an die Wand hängen und die Farben im Regal verschwinden lassen. Danach kümmern wir uns noch darum, das Mobiliar etwas aufzufrischen und die Elektronik auf den neusten Stand der Dinge zu bringen um die Wohnung dann hoffentlich in einem Zustand zu haben, in dem man es ein ganzes Jahr aushalten kann.

Chinesische Farbe mag ja vieles sein und in jedem Fall günstig, aber gesund ist sie sicherlich nicht, und so riecht sie auch … und logischerweise auch unsere ganze Wohnung. Und das teilweise so extrem, dass man es überhaupt nicht da drinnen aushält, was Leon und mir aber die Möglichkeit gab, ein wenig an fremde Wohnungen zu gewöhnen. So verbrachten wir die Nacht auf Montag bei Philipp und Pascal an der Yi Zhong und heute haben wir uns bei Simon, David und Leo an der Minzu eingeladen. Aber dazu später mehr …

Obwohl wir uns die letzten Tage doch sehr stark aufs Renovieren konzentriert haben, waren wir auch in anderen Bereichen nicht untätig. So setzten wir auch unsere Projektarbeit fort, indem wir die sechs Spendenboxen, die in Lanping verteilt sind und Spenden für das Hygieneprojekt generieren sollen, entleerten. Mit sechs Einkaufstüten voll mit Kleingeld ging es dann an die Yi Zhong zum Zählen der Einnahmen und zum gemeinsamen Mittagessen in der Schul-Mensa. Nach erfolgreichen Essen ging es dann mit dem Geld (weiterhin in Einkaufstüten) zur nächstbesten Bank um den ganzen Haufen an Kleingeld groß zu tauschen. Natürlich musste dafür das ganze Geld in der Bank noch einmal gezählt werden, doch wo in Deutschland jeden Dorfsparkasse geeignete Zählapparate besitzt, setzten sich in China vier Bankangestellte um einen Tisch und zählen den ganzen Haufen von Hand (umgerechnet immerhin knapp 150 Euro in 10-Cent-Stücken). Wir wurden natürlich eingeladen das ganze Treiben zu bestaunen und weil wir ja nicht so sind, boten wir auch unsere Hilfe an und durften daraufhin  die Münzen zu Zehnerstapeln zusammenlegen. Die ganze Prozedur wurde dann nur noch witziger, als die Chinesen in einer Basteleinheit a la Waldorfschule (mir sei dieser kleine Ausreißer verziehen) anfingen Münzrollen zu kleben und der Filialchef das ganze besichtigte, während ein Mitarbeiter begann das Ganze fürs Familienalbum festzuhalten.

An dieser Stelle soll nun eine Entschuldigung von mir stehen: eine Entschuldigung, dass in fast jedem meiner Blogartikel vom zum Teil intensiven Alkoholkonsum berichtet wird. Wenn dadurch das Bild entsteht, dass wir quasi die ganze Zeit trinken würden tut mir das Leid, das ist nicht so! Und doch gehört es einfach zur Kultur, speziell der Minderheiten aus Yunnan, häufig Alkohol zu trinken. Und das nicht nur Abends mit den Freunden, oder der Familie, sondern zu deutlich mehr Anlässen: so stehen zum Beispiel auch häufig offizielle Geschäftsessen unter dem Einfluss von Alkohol. Ob das nun an der Armut dieser Provinz liegt, oder daran, dass viele Menschen (besonders in den Dörfern) ihren eigenen Alkohol, brauen, weiß ich nicht, es gehört einfach dazu. So waren wir gestern beispielsweise mit einem chinesischen Geschäftsmann und wichtigem Kontakt essen. Nach dem Essen lud er uns zu sich in die Wohnung ein und öffnete wie selbstverständlich eine Flasche Reiswein, die wir dann zu acht lehrten.

So, ich hoffe ich habe mich nun genug gerechtfertigt. Kommen wir endlich zur eigentlichen Geschichte: Wie gesagt schliefen wir in der Nacht zu Montag an der Yi Zhong, obwohl wir das eigentlich schon eine Nacht früher geplant hatten … Doch wie so oft kam etwas dazwischen, in diesem Fall die Person von Mike, die uns zu der Hochzeit seiner Schwester einlud. Da man so etwas natürlich schlecht ablehnen kann machten Philipp, Pascal Leon und ich uns zum Abend hin bereit um von Mike eingesammelt zu werden. Als wir nun am Ort des Geschehens, einer Art Mischung aus Partykeller und Hotelzimmer eintrafen, mussten wir sehr schnell feststellen, dass es sich vielmehr um die Aftershowparty, als um die eigentliche Hochzeit handelte. Wie zu erwarten floss der Alkohol und die Stimmung war gut. Der Ablauf des Abends bestand darin, dass ein ganzes Tablett an Kurzen mit Bier gefüllt wurden und dann ein oder mehrere Hochzeitsgäste ein Spiel oder eine Herausforderung vorschlugen, die das Brautpaar und/ oder die Trauzeugen bewältigen mussten. Schafften sie dies, so mussten die Gäste das Bier leeren, misslang ihre Bemühungen so mussten sie selbst trinken. Als das Brautpaar dann mit deinen europäischen Gästen anstoßen wollte begann für uns der Abend erst richtig: Auf die kurze, chinesische Ansprache des Bräutigams und als dieser sein Bier schon im Mund hatte erwiderte Pascal ein lautstarkes „YiLauShe“ (was so viel bedeutet wie: auf ex!), womit jener wohl nicht gerechnet hatte. Zumindest prustete er vor Lachen sein gesamtes Getränk in den Raum, während wir Freiwilligen, zusammen mit den restlichen Gästen in grenzenloses Gelächter ausbrachen. Die Situation war einfach so urkomisch, dass man es hier schlecht darstellen kann, es war aber einfach zu Totlachen. Auf jeden Fall war danach das Eis gebrochen und einer der Gäste begann, die Ausländer stetig mit frischem Bier zu versorgen. Nach einer guten Stunde dann wurden wir herausgefordert doch selber mal ein deutsches Spiel vorzuschlagen. Da uns im Moment aber nichts einfiel (Spielkarten hatten sie auch nicht da), konnten wir uns zunächst damit rausreden ein deutsches Lied zu singen: Bruder Jakob.

Im Laufe des Abends wurde die Stimmung immer besser und der eigentlich Ablauf wurde immer mehr aufgelockert … Wir ließen uns dann noch dazu durchringen ‚Macarena‘ vor zu tanzen und den Chinesen eine Art von Bierpong beizubringen. Als dann schließlich alle (auch die Bierreserven) am Ende waren und die Party sich allmählich auflöste, hatte Mike noch eine kleine Überraschung für uns parat: Fragt mich nicht warum oder für wen, aber auf jeden Fall zog Mike zwei Hotelschlüssel aus der Tasche und erklärte, wir würden heute Nacht im Hotel schlafen. Dort fuhren wir dann also hin und konnten ein ordentliches (nicht nach Farbe stinkendes) Zimmer, mit einer normalen Sitztoilette, sowie einer warmen Dusche genießen. Dadurch musste dann aber auch unsere Übernachtung an der Yi Zhong verschoben werden.

Der nächste Tag war dann ganz der Erholung gewidmet … fast den gesamten Tag saßen wir in der Wohnung der Yi Zhong und spielten eine Runde Majiang nach der anderen, nur um am Abend zu Minzu zu fahren um da weiter zu spielen … Majiang!? Ein chinesisches Gesellschaftspiel, mit Steinen, bei dem es darum geht eine bestimmte Konstellation zu erlangen und das möglichst als Erster. Wo wir schon einmal dabei sind, sei hier noch kurz erwähnt, dass Pascal seit letzter Woche in Besitz des begehrten Majiang-Wanderpokals ist. Seit der letzten Generation tragen die Freiwilligen aus Lanping und Jinding nämlich regelmäßige Majiang-Turniere aus. Dem Gewinner winken Ruhm und Ehre und natürlich der einmalige Wanderpokal, denn Leon und ich schweren Herzens abgeben mussten (das letzte Turnier der letzten Generation hatte nämlich Freddy aus Jinding gewonnen und wir so den Pokal geerbt). Die aktuelle Mission ist jetzt jedoch eindeutig: Zurückgewinnung des begehrten Stücks … und natürlich aus des Ruhms und der der Ehre.

Ansonsten geht es uns allen hier gut, die Renovierungen sind, wie gesagt, fast abgeschlossen und auch die erste kleine Erkältung habe ich eigentlich ganz gut überstanden. Die Schule wird für Leon und mich wohl erst nächsten Monat losgehen, was uns aber nicht daran hindert bei unseren Mitfreiwilligen öfters mal im Unterricht vorbei zu schauen …

Soweit erst mal von mir, ich hoffe ihr seid alle wohl auf und bis zum nächsten Mal!!