Schuhe & Bettwäsche für Yingpan

29. Dezember 2014

Es ist zwar nicht mehr ganz aktuell, aber während der Feiertage habe ich schlicht keine Zeit gefunden einen neuen Blogartikel zu verfassen. Das will ich nun aber nachholen, denn (wie die Überschrift schon vermuten lässt) ist unsere Spendenaktion „Schuhe & Bettwäsche für Yingpan“ Geschichte – zumindest zum größten Teil! Denn vor Weihnachten nahmen wir uns die letzte Woche Zeit um Klamotten, Schuhe, Bettwäsche und Hygienematerial in einen LKW zu laden und nach Yingpan aufzubrechen, zu der größten Verteilaktion in der Geschichte des Baumhaus-Projektes ever, ever, ever!!!

Über 4500 Kleidungsstücke, 130 Bettgarnituren und über 130 Paar Schuhe verteilten wir an zwei Schulen und über 180 Sets aus Zahnbürste, Zahnpasta und Spülbecher an einer weiteren und an jeden Schüler zusätzlich noch zwei Dosen mit Vaseline für die vertrockneten Hände, 1000 Stück insgesamt … und das alles in knapp drei Tagen. Und es geht noch weiter …

Doch von vorne: Wir sieben Freiwilligen aus Lanping trafen uns also früh morgens am Dienstag dem 16. Dezember an der YiZhong um unsere gesammelte Kleidung aus ca. einem halben Jahr, in einen LKW zu laden. Nachdem der LKW nach einer guten Stunde schon fast voll war, ging es weiter zum Bett-Laden, wo wir noch einmal 130 Bettgarnituren (bestehend aus Bettdecke, Kissen und Bezügen) in den LKW stopften. Weil der LKW aber nicht ausreichte musste der zugemietete Minibus auch noch bis unters Dach mit Bettwäsche gefüllt werden … dann konnte es endlich losgehen.

Nach zweistündiger Fahrt waren wir endlich in Yingpan und bei unserer ersten Station: der Grundschule in LianCheng. Obwohl wir gerne direkt mit dem Verteilen der Kleidung angefangen hätten, erwartete uns natürlich das übliche Prozedere: Schulleiter „Hallo“ sagen, reden und natürlich erst mal etwas essen. Dann konnten wir endlich den LKW ausladen, was ohne die Hilfe der Schüler wahrscheinlich eine halbe Ewigkeit gedauert hätte. So waren wir aber recht schnell fertig und konnten die Kleidung für die Verteilung vorbereiten und bald damit anfangen. Wer sich nichts unter einer Kleiderverteilung vorstellen kann: die Kleidung liegt sortiert nach Kategorien auf Tischen: lange Hosen, kurze Hosen, dicke und dünne Oberteile, etc. Jeder Freiwillige nimmt sich nun ein Kind, schaut was es wohl am dringendsten gebrauchen könnte und deckt es mit neuen Klamotten ein, danach ist das nächste dran. Dabei muss man natürlich beachten, dass ein Kind nicht zu viel bekommt und das die, die eigentlich schon ganz gute Kleidung tragen eher weniger erhalten und dann als Entschädigung vielleicht ein Kuscheltier oder der gleichen.

Damit waren wir dann auch den ganzen Tag, bis zum Abendessen beschäftigt. Währenddessen fing der Schulleiter bereits an, Bier auszuschenken und damit das ‚Abendprogram‘ einzuleiten. Da wir aber noch die Restkleidung für den Weitertransport verpacken und generell die nächsten Tage vorbereiten wollten/ mussten, teilten wir uns: die eine Hälfte musste die Lehrer bei Stimmung halten, während die andere in Ruhe die restliche Arbeit erledigen konnte. Am nächsten Morgen verteilten wir dann noch die Vaseline an die Kinder und waren damit mit der ersten Schule fertig, die Bettwäsche und die Schuhe (die Leonards chinesischer Bruder am späten Abend noch nachgeliefert hatte) übergaben wir dem Schulleiter, damit dieser die Sachen an die bedürftigsten Kinder verteilen konnte. Dank der Schüler ging das Beladen des LKW wieder schnell und ohne Probleme, sodass wir wirklich Zeitig nach LaguShan aufbrechen konnten. Die Straßen, die uns beim Scouten bereits in Todesangst versetzten (man erinnere sich), ging es nun mit LKW und, für uns, im Minibus entlang, wobei sich der Minibus als deutlich komfortabler und schneller als ein Tuktuk erwies. Auf LaguShan dann das gleiche wie in LianCheng: ankommen, begrüßen, essen, vorbereiten, verteilen, essen. Am Abend verteilten wir dann noch einen Teil unserer mitgebrachten Erwachsenen-Kleidung an einige Bewohner der Dorfes, den Rest hielten wir für den Dorfvorsteher zurück, der diesen unter den restlichen Bewohnern verteilen sollte. Der Unterschied zu einer Kinderverteilung!? Während die Schüler dich noch als Chef akzeptieren und man sie recht gut im Zaum halten kann, sieht das bei Erwachsenen schon ganz anders aus: Du sagst ihnen, das und das und das darfst du mitnehmen und nur die wenigsten stecken nicht mindestens das Doppelte ein. Wo man jetzt eigentlich hart durchgreifen müsste erkennt man aber auch, dass genau diese Menschen die Kleidung wirklich brauchen! Da ist man wirklich hin und her gerissen und das Schwerste ist eigentlich den richtigen Mittelweg zu finden. Da zu unserer Verteilung aber nur knapp 60 Erwachsene kamen, hielt sich das ganze Chaos noch recht gut in Grenzen. Da die Lehrer hier in der Regel nicht ganz so trinkfreudig waren, konnten wir uns einen ruhigen Abend machen und die Schönheit einer Nacht fernab größerer Zivilisation genießen, inklusive sternklarer Nacht und Milchstraße!

In den ersten Beiden Tagen hatten wir also über 4500 Kleidungsstücke, 130 Bettgarnituren und über 130 Schuhe, sowie knapp 750 Dosen Vaseline verteilt. Das machte die Weiterfahrt zu unserer letzten Station, SongBai, deutlich angenehmen, da wir nur noch zwei Kisten mit Hygienematerialien dabei hatten. Auch hier wieder, das altbekannt Vorgehen: begrüßen, essen und weiter begrüßen. Dann konnte endlich die Hygieneaktion losgehen. Den schillernden Auftakt machte dabei unser Hygieneschauspiel, bei dem wir den Kindern in Form eines Schauspiels klar machten, was mit ihren Zähnen passiert, wenn sie sich nicht anständig die Zähne putzen. Danach verteilten wir Zahnbürste und Pasta, sowie die Becher und die Vaseline an die Schüler. Der Teil, in dem wir den Schülern eigentlich zeigen wollten, wie man denn nun richtig Zähne putzt musste leider Ausfallen, da der Schulleiter meinte, die Schüler wüssten, wie das geht und sollten doch bitte zurück in den Unterricht … na dann. Bevor es für uns also wieder zurück nach Lanping ging, beschlossen wir noch, da wir noch einige Spendengelder übrig hatten, noch einmal Schuhe und Bettwäsche zu bestellen und auch diese dritte Schule damit auszustatten, die größte Verteilaktion sollte also noch größer werden.

Anschließen lässt sich sagen, dass die ganze Aktion ein voller Erfolg war und wir alle wirklich Spaß dabei hatten. Auch wenn man sich überlegt, was hätte besser laufen können, und das vielleicht doch nicht immer die Bedürftigsten das Meiste bekommen haben, so waren doch wirklich alle bedürftig und haben die Sachen, die wir ihnen brachten, auch wirklich gebraucht. Natürlich hinterlässt die erlebte Armut, wie auch schon beim Scouten, ein gemischtes Gefühl in einem zurück, jetzt aber mit dem Beigeschmack, dass man diesen Menschen zumindest ein wenig helfen konnte und ihnen den Winter möglicherweise erträglicher machen konnte.

Natürlich will ich hier die Chance noch einmal nutzen und all denen danken, die diese Aktion erst möglich gemacht haben, den vielen Spenderinnen und Spendern, die auch mit kleinen Beiträgen dazu beigetragen haben, dass wir so, so vielen Menschen helfen konnten. Glaubt mir, das Geld war wirklich nötig und kam bei genau den richtigen Personen an! Danke! Danke, für die größte Verteilaktion in der Geschichte des Baumhaus-Projektes ever, ever, ever!

Update: Kaum das man sich versieht ist Weihnachten auch schon vorbei und wir befinden uns in den letzten Zügen des alten Jahres 2014. Ich will hier nur kurz sagen, dass wir die Feiertage gut überstanden haben und uns natürlich auf Silvester freuen. Ein genauer Bericht über die Feste kommt dann im neuen Jahr. Allen nochmal ein frohes Fest (nachträglich) und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Wir sehen uns dann drüben …


Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!

5. Januar 2015

Und da ist er! Mein erster Blogartikel aus 2015. Und da auch ich nicht davon befreit bin, mich dem Trend zu unterwerfen, soll es heute ein wenige um die zurückliegenden Feiertage gehen und wie ich sie verbracht habe. Und dann kommt natürlich noch ein kurzer Ausblick auf 2015: Was mich (und natürlich auch euch) so alles erwartet.

Nach ca. 100 Tagen hier in China standen wir also vor der Herausforderung irgendwie Weihnachten zu feiern, und das natürlich auch möglichst gebührend! Was, wie bereits aus dem Monatsbericht heraus zu lesen war, gar nicht so einfach ist, wenn man sich in China aufhält: Größtes Problem: die Chinesen feiern kein Weihnachten, also wirklich überhaupt nicht (na gut, gerade die jüngeren Chinesen haben in den letzten Jahren entdeckt, dass es doch gar nicht so schlecht ist einen Grund zu haben um sich gegenseitig zu beschenken, und demnach beschenkt man sich dann doch schon ein wenig, aber das ist dann auch schon alles). Das heißt, zum einen keine Ferien, keine Weihnachtsmärkte, (dank des tropischen Klimas und der Trockenzeit) natürlich auch kein Schnee und kein ‚Wham!‘ im Aldi, keine Plätzchen und Lebkuchen und so weiter und so fort … Ach ja, und natürlich sucht man auch vergebens irgend eine Art von Weihnachtsbaum! Ihr seht also: es ist quasi unmöglich in Weihnachtsstimmung zu kommen! Der Hochpunkt war da schon, als Leon und ich den Christstollen anschnitten, den seine Eltern ihm geschickt haben (hier nochmal danke für den weihnachtlichsten Moment 2014!). Und demnach verbrachten wir Weihnachten auch verhältnismäßig trist. Ein ruhiger Abend in geselliger Runde. Versteht mich nicht falsch, es war nicht schlecht … nur hätte eben jeder andere Abend im Jahr quasi genauso verlaufen können.

Und genauso sieht es dann auch mit Silvester aus: Da das chinesische Neujahr erst am 19. Februar gefeiert wird, können die Chinesen mit dem Wechsel vom 31.12. zum 01.01. auch nicht so viel anfangen. Abgesehen von einem ‚kleinen‘ Feuerwerk und Schulferien an den zwei darauf folgenden Tagen ist auch nicht wirklich viel von Silvester zu spüren. Und doch hatten wir große Pläne für diesen Abend. Zumindest größere als für Heiligabend. Mit ein paar Chinesen ins KTV und so ins neue Jahr feiern. Da wir aber so naiv waren zu glauben, dass man einfach so, ohne Reservierung, einen Platz im KTV bekommt (was schlichtweg nicht der Fall war), endetet der Abend wieder bei uns zu Hause in einer kleinen geselligen Runde … eben wieder ein Abend, wie er immer im Jahr vorkommen könnte!

Und doch muss ich noch einmal (zu Weihnachten und Silvester) betonen: Es war zwar anders, aber bei weitem nicht schlecht! Und doch kann ich mit 99%iger Sicherheit sagen, dass (egal ob ich länger in China bleiben werde oder nicht) ich nächstes Weihnachten wieder zu Hause verbringen werde! Es fehlt einem dann doch schon etwas …

So, das war’s auch schon mit 2014, wie ihr wahrscheinlich bemerkt habt, kann man nicht wirklich mehr Spannendes über die letzten Tage dieses, in (fast) allen Punkten, wundervollen Jahres sagen. Zeit nach vorne zu schauen! Also: was wird mich dieses Jahr so alles erwarten!?

Schule:

Die Stunden als Lehrer der 8. Klasse neigen sich langsam aber sicher zum Ende. Nach den Frühjahrsferien warten dann die 7. Klassen darauf, endlich von den Ausländern unterrichtet zu werden. Das macht mich einerseits traurig, weil man wirklich jede Klasse irgendwie lieb gewonnen hat (ja, auch die ‚dümmsten‘) und am liebsten gar nicht mehr abgeben will. Andererseits können die 7. Klassen ja auch nicht so viel schlechter sein, oder? Und wer weiß, vielleicht dürfen wir ja mal die eine oder andere Stunde in der 8. Klasse übernehmen.

Projektarbeit:

Im neuen Jahr wird uns ein treues und erfahrenes Gruppenmitglied genommen. Für Leonard geht es nach eineinhalb Jahren in China wieder nach Hause und wir sind dann endgültig auf uns alleine gestellt! Doch ich glaube, dass Leonard uns wirklich gut vorbereitet hat und ich weiß, dass die Motivation in der Gruppe da ist, sodass ich mir wirklich keine Sorgen um die Projektarbeit mache, wenn Leonard wieder in der Heimat ist. Und nur zwei Wochen nach Yingpan ist der Kleiderraum auch schon wieder so gut gefüllt, dass wir eigentlich morgen wieder zu einer Verteilung aufbrechen könnten … es kommt also noch mehr!

Ferien:

Natürlich darf man bei der ganzen Arbeit auch die Freizeit nicht aus dem Auge verlieren! Zwei große Ferien (Frühling und Sommer) laden dazu ein, auch ein wenig mehr von China zu erleben als Jinding, Lanping und Liuku. Meine größten Ziele sind bisher (Achtung Spoiler!!!): das Nujiang-Tal, Dali, Kunming, Sichuan (Chengdu), Ningbo, Hangzhou und Shanghai, Hainan, Hong Kong und Makau. Zudem noch etwas unwahrscheinlicher: Die Innere Mongolei und die Chinesische Mauer. Und dann stehen natürlich noch eine Visumsverlängerung, das Zwischenseminar und die Slumkids-Summerschool in Liuku an. Wenn alles klappt, stehen also einige traumhafte Reisen an, an denen ich euch natürlich auch teilhaben lassen werde!

Und danach!? (ohne Gewähr)

Es tut mir leid all die enttäuschen zu müssen, die gehofft haben mich noch ein wenig länger los zu sein, aber mittlerweile gehe ich wieder davon aus, dass ich pünktlich nach Deutschland zurückkehren werde. Gerade die Zeit um Weihnachten und Silvester hat mir gezeigt, dass, so schön das Leben hier auch ist, ich doch irgendwie nach Deutschland gehöre und was man doch alles (zumindest unterbewusst) so vermisst. Demnach würde dann in Deutschland wohl recht bald nach meiner Rückkehr das Studium auf mich warten, wenn alles klappt, wie es soll! Und dann natürlich wieder Weihnachten und Silvester (mit der dazugehörigen Stimmung) im Kreise der Familie und Freunden – so wie es ja auch sein soll!

Auch wenn die letzten Zeilen eventuell ein wenig enttäuschen und traurig rüber kamen, empfinde ich die Zeit hier in China so schön, wie eh und je und auch die Feiertage waren anders aber schön! Und wie man bestimmt heraus lesen konnte, freue ich mich wirklich über die acht Monate, die mir hier voraussichtlich noch bleiben: neue Klassen, all die geplanten Reisen und generell das Leben hier. Das werden wundervolle ‚erste zwei Drittel‘ des Jahres 2015! Und dann geht’s weiter … irgendwie.

PS: ich muss mich noch einmal entschuldigen, dass aktuelle Bilder (und die aus Yingpan) noch auf sich warten lassen, aber irgendwie scheinen sich das Internet hier und Jimdo gegen mich verschworen zu haben! Ich liefere alles nach, sobald es wieder möglich ist.


Der ganz normale Wahnsinn

21. Januar 2014

Seit guten zwei Wochen heißt es für uns bereits wieder Ferien. Und das bis immerhin Anfang März, also gute zwei Monate! Grund dafür ist das chinesische Neujahr am 19.Februar, das größte Fest in China … immerhin gleichzusetzten mit Weihnachten, Silvester und Ostern in einem (zumindest von der Bedeutung). Bis dahin werden wir die nächste Woche noch einmal mit Leonard nach Chengdu fahren um ihn auch gebührend zu verabschieden, bevor es für ihn wieder nach Deutschland geht. Aber darüber will ich jetzt gar nicht so viele Worte verlieren, dass kommt dann wenn wir wieder zu Hause sind. Stattdessen soll es hier um das gehen, was die letzten Monate hinter mir liegt: den ganz normalen Wahnsinn! Oder um es deutlicher zu machen; den Schulalltag an der JinDing ZhongXue.


Man wird es nämlich kaum für möglich halten, aber dennoch unterscheidet sich eine chinesische ‚Provinzschule‘ deutlich von eigentlich allem, was man so aus Deutschland gewohnt ist. Doch erstmal grundlegend zum chinesischen Schulsystem: genau wie in Deutschland werden die Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren in die Grundschule eingeschult. Ebenso wie in Deutschland gibt es davor bis zu drei Jahre Kindergarten. Nach den sechs(!) Jahren Grundschule (die es in eigentlich jedem kleinen Dorf, oder auch Bergdorf gibt) geht es mit der siebten Klasse dann weiter auf die Middleschool, oder auch Juniorschool. Für die Middleschool müssen die Kinder dann schon in die nächst größere Ortschaft. Mit dem Abschluss der Middleschool (nach der neunten Klasse) trennt sich dann die Spreu vom Weizen: während die eine Hälfte ins Arbeitsleben startet, geht es für die andere auf die High- oder Seniorschool. Die sind dann auch schon deutlich seltender. Im ganzen Lanping-County gibt es lediglich drei Seniorschools: die YiZhong, die Minzu, sowie noch eine private Schule, alle samt in Lanping. Nach der zwölften Klasse gehen die Schüler dann hoffentlich mit dem GauKau ab, was es ihnen ermöglicht (wenn es denn gut genug ist) einen der wenigen, begehrten Universitätsplätze abzugreifen. Die ganze Schullaufbahn hindurch gibt es dabei in der Regel Schuluniformen und spätestens ab der Middleschool leben die Schüler, ähnlich einem Internat, in Schülerwohnheimen auf dem Schulgelände, weil sie zum Teil hunderte Kilometer von zu Hause unterrichtet werden. Das führt zum einen dazu, dass die meisten Schüler ihre Familie höchstens zwei, drei Mal im Jahr sehen und zum anderen, dass an den Schulen ein durchaus familiäres Verhältnis herrscht, was eigentlich verwunderlich ist, da die Lehrer (anders als in Deutschland) noch echte Respektpersonen sind. Und doch stellen sie in gewisser Weise eine Art Ersatzeltern dar. Was sie in der Regel aber nicht davon abhält zu (aus deutscher Sicht) recht konservativen Mitteln, wie beispielsweise Schlägen zu greifen, wenn man es denn für nötig hält; und das hoch bis zur zwölften Klasse.

Nun aber zu meiner Schule: der JinDing YiZhong, einer Middleschool(also Klasse sieben bis neun, oder auch Junior1 bis Junior3). Für die Schüler beginnt der Unterricht um 7.35 Uhr, also gegen sechs aus den Federn noch schnell in der Kantine ein paar Bauze frühstücken und dann schnell in die Klasse (das ganze natürlich unterlegt mit ‚kommunistischer Aufweck-Musik‘). Nach der ersten (Morgen-) Stunde (um 8.15 Uhr) und einer kurzen Pause (von 10 Minuten) geht es dann weiter mit dem Vormittagsunterricht. Im Sommer fällt die erste Morgenstunde allerdings zugunsten einer (ersten) kleinen Sporteinheit für alle Schüler aus … Nach den ersten beiden Vormittagsstunden (von je 40 Minuten) und einer Zehn-Minuten-Pause dazwischen gibt es dann die erste größere ‚Pause‘, die man natürlich super für eine weitere Sportsession nutzen kann: also, alle Schüler klassenweise antreten, zehn Minuten laufen und dann noch einmal zehn Minuten Gymnastikübungen einschieben. Nach zwei weiteren Stunden und einer Pause dazwischen gibt’s dann endlich Mittagsessen in der Kantine, oder alternative eine Fertigsuppe vom Kiosk oder sonst irgendwas aus der Stadt, denn während der Mittagspause dürfen die Schüler das Schulgelände frei verlassen; immerhin haben sie dafür auch von 11.50 Uhr bis 14.00 Uhr über zwei Stunden Zeit. Von 12.45 Uhr bis 13.30 ist allerdings Mittagpause angesagt, und das wortwörtlich! Soll heißen: Schultor abschließen, Schüler in die Unterkünfte und die zur Sicherheit gleich auch noch einmal abschließen. Für diese Dreiviertelstunde gleicht die ganze Schule dann eine Geisterstadt, die lediglich von ein paar einzelnen Lehrern durchstreift wird. Am Nachmittag stehen dann wieder vier Stunden (zu 40 Minuten an), jeweils mit einer Zehn-Minuten-Pause dazwischen, sodass es um 17.10 Uhr dann endlich Abendessen geben kann (dieses Mal allerdings ohne Mittagspause). Man muss ja auch pünktlich um 18.20 Uhr bereit sein für den Abendunterricht. Das heißt dann nochmal zwei Stunden (diesmal auch wirklich Zeitstunden) mit einer kleinen Pause dazwischen und dann endlich um halb Neun Schulschluss, dann noch eine halbe Stunde essen und bettfertig machen und den Tag damit abschließen sich um 21.00 Uhr in das Dormentory sperren zu lassen. Zumindest für die siebten und achten Klassen, denn die neunte darf noch einmal für eine Stunde antreten, bevor sie dann auch endlich um 22.00 Uhr ins Bett dürfen … nur um am nächsten Morgen wieder um sechs aufzustehen.

Ein paar Ausnahmen gibt es  in diesem geregelten Ablauf dann aber doch: am Montag fällt der Frühsport beispielsweise für das Flaggenhissen aus, also alle Schüler und Lehrer geordnet antreten, sich zehn Minuten eine Rede der Schulleitung anhören und dann bei der Nationalhymne der Flagge dabei zuschauen, wie sie gen Himmel steigt … immerhin besser als Laufen zu müssen! Und das Wochenende beginnt hier bereits samstags um 11.50, immerhin geht es am nächsten Tag (Sonntag) ja schon wieder mit dem Abendunterricht weiter … da ist das Wochenende schließlich schon lang genug!


Wie bereits an einigen Stellen heraus zu deuten war, herrscht hier (im Vergleich zu einer durchschnittlichen deutschen Schule) noch wirklich Zucht und Ordnung: wenn ein Lehrer etwas sagt, hört man auch darauf, wenn der Lehrer zu Stundenbeginn die Klasse betritt erhebt sich die ganze Klasse (meistens auf die Aufforderung des Klassensprechers hin) und auch im Unterricht ist es nicht wirklich schwer eine ganze Klasse (immerhin über 50 Schüler) unter Kontrolle zu halten. Die Schüler respektieren es einfach, dass der Lehrer die Hosen an hat … oder kennen es nicht anders … oder haben es einfach oft genug eingeprügelt bekommen. Genau zu diesem Verhalten passt dann auch die Rolle des Klassensprechers, der mit einem deutschen Klassensprecher so viel gemein hat, wie Indianer mit Indien: ich denke ‚Lehrergehilfe‘ würde besser passen … denn wie bereits gesagt, wenn ein Lehrer die Klasse betritt fordert der Klassensprecher die Klasse auf aufzustehen, beim Morgensport läuft er zwar mit (allerdings meistens neben der Klasse), gibt beim Turnen danach aber nur die Übungen an und erniedrigt sich in den seltensten Fällen dazu, auch einmal selbst mitzumachen … Das gleiche bei den Sportstunden: Klasse antreten lassen, Befehle des Lehrers weiter geben und evtl. mal etwas vor machen, das ist dann auch schon der gesamte Sport für die Stunde.

Wobei er damit auch nicht wirklich weniger macht, als der Rest der Klasse! Denn wer jemals darüber nachgedacht hat, wie sinnlos deutscher Sportunterricht unter Umständen sein kann, der war noch niemals an einer chinesischen Schule. Am Anfang der Stunde antreten!? Na gut. Dann ein paar Runden Laufen!? Alles schön und gut. Und dann noch ein paar Übungen (evtl.)!? Von mir aus. Und dann einfach alle Schüler machen lassen, was sie wollen, also quasi eine große Pause!? Kein Ding … Moment mal! Ja genau, nach den ersten zehn Minuten macht jeder Schüler, worauf er Lust hat. Und das ist in den wenigsten Fällen wirklich Sport. Entweder etwas Essen gehen, die Hausaufgaben machen oder die armen deutschen Aushilfslehrer belästigen, die nur in der Sonne entspannen wollen. Irgendetwas findet man schon, solange es sich nur nicht um Sport handelt.

Die beiden größten Ereignisse des Schulalltags (neben dem normalen Unterricht) Sind dann eigentlich die Feste und die Ferien. Die Ferien lassen sich schnell abhandeln: da die meisten Schüler fernab der Schule leben und die Ferien dazu nutzen ihre Familien zu besuchen ist in den Ferien einfach nichts los. Genau wie sonst in der Mittagspause, nur dass nun noch nicht einmal vereinzelnd Lehrer über das Schulgelände streifen; also wirklich Geisterstadt!

Die Schulfeste hingegen sind das genaue Gegenteil: die Schüler, die Lehrer und sogar deren Familien scheinen sich das nicht entgehen lassen zu wollen. Denn nie ist hier mehr los als zu den Festen. Und davon gibt es hier schon einige: einfach mal ein Sportfest oder zum europäischen Neujahr einen Talentwettbewerb.


Für das Sportfest kurz vor Weihnachten hatten sich die Klassen dann aber auch echt ins Zeug geworfen: extra Schilder gebastelt und Sprechköre einstudiert um die Sportler ihrer Klasse anzufeuern. Über drei Tage maßen sich dann die Klassen im Tau-Ziehen, Basketball und Weitsprung. Und die siebten Klassen traten am ersten Tag noch im Klassen-Synchron-Turnen gegeneinander an. Aber der Großteil bestand dann doch darin, die unterrichtsfreie Zeit zu genießen, auf Seiten der Schüler, wie auf der der Lehrer. Das gleiche dann bei der Talentshow nach Silvester: die Schüler hatten Tänze (traditionell wie auch modern) und Gesänge (traditionell wie auch modern) einstudiert und auch die Lehrer ließen es sich nicht nehmen etwas aufzuführen. Und für uns bestand der Hauptteil wieder einmal darin, das schöne Wetter und die Festlichkeiten zu genießen. Leon hatte dann noch seinen großen Moment, als er einen englischen Song singen durfte. Mein kleines (und seit über drei Monaten geplantes) Klavierkonzert musste dann leider spontan abgesagt werden, da der Schule am Tag vor der Show auffiel, dass man ja überhaupt kein Klavier auf dem Schulhof zur Verfügung stellen könnte ….

Das soll‘s dann auch erst mal von der Schule gewesen sein, bei Fragen oder Unverständlichkeiten … einfach ein Kommentar dalassen. Wir genießen hier die letzte Tage, vor unsere Abfahrt nach Chengdu bei wunderschönem Sonnenwetter, ziehen von einem KTV ins nächste und crashen zwischendurch vielleicht noch die eine oder andere Hochzeit und genießen die Ferien in vollen Zügen! Evtl. genaueres dazu und natürlich zu unserem Urlaub in Chengdu gibt es dann in der ersten Februarhälfte, wenn wir höchstwahrscheinlich wieder in der Heimat verweilen …