Die schönste Zeit im Jahr

6. Februar 2015

… das sind die Ferien. Und genau deshalb haben wir hier im fernen Osten gerade die schönste Zeit des jungen Jahres. Wobei man eigentlich auch sagen könnte: die ganze Zeit im Jahr, das sind die Ferien. Denn tatsächlich haben wir ja bereits seit dem 7. Januar Ferien … und das auch noch bis zum 1. März. Lehrer müsste man sein! Und noch schöner werden die Ferien natürlich, wenn man sie nicht zu Hause verbringt, sondern in den Urlaub fliegt. Und da fliegen ja eh überbewertet wird und man außerdem nichts von der Gegend mitbekommt, über die man fliegt, haben wir das Flugzeug Flugzeug sein lassen und uns mit Bus und Bahn auf die Reise gemacht. Auf die Reise nach Chengdu (eine Stadt mit über zehn Millionen Einwohnern und ganz nebenbei auch die Hauptstadt unserer Nachbarprovinz Sichuan) und in den Nationalpark JiuZhaiGou (immerhin ein UNESCO-Weltnaturerbe und eine der größten Touristenattraktionen Chinas).

Wenn man nun in Deutschland mal eben die nächste Landeshauptstadt besuchen will, setzt man sich in den Zug und ist in der Regel innerhalb der nächsten zwei, drei Stunden am Ziel … Da China aber ein kleines bisschen größer ist, als Deutschland, ist das ganze hier nicht so einfach und allein die Anreise zu dem eigentlichen Urlaubsziel ist da schon fast eine eigene Reise wert.

Da der Zug nach Chengdu leider nicht in Lanping hält (selbst wenn sie sich irgendwann einmal entscheiden mögen einen Bahnhof oder erst einmal überhaupt Schienen zu bauen) mussten wir zunächst einen kleinen Umweg nach Kunming auf uns nehmen. Unsere Reise begann also am Busbahnhof Lanping gegen 18.00 Uhr. 18.00 Uhr? Genau! Denn warum einen Tag im Bus verschwenden, wenn man auch eine Nacht im Bus verschwenden kann … im Schlafbus. Das Problem: Betten nehmen deutlich mehr Platz weg, als Stühle und auch die Betten zu stapeln schien nicht gereicht zu haben um auf die Wunsch-Kapazität zu kommen. Was also tun? Betten kürzen! Und das aus chinesischer Sicht. Auf jeden Fall schien keiner ernsthaft daran geglaubt zu haben, dass einmal (größere) Ausländer in diesen Betten liegen sollten. Aber wenn man sich dann erst einmal an die Enge gewöhnt hat und irgendwann auch müde wird sind die zwölf Stunden doch irgendwie zu überstehen. Der Witz daran ist, dass man in einem Nachtbus die Nacht ja eigentlich dazu nutzen sollte ans Ziel zu kommen, es in China aber ein Fahrverbot für Busse von Mitternacht bis fünf Uhr gibt, sodass der Bus die halbe ‚Fahrtzeit‘ auf einer Raststätte rumsteht … aber na gut.

In Kunming angekommen, verbrachten wir den Tag damit, planlos durch die Straßen zu irren, auf der Suche nach einem Park oder einer anderen Möglichkeit die Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges am frühen Abend zu überbrücken. Nach drei Stunden wurden wir dann irgendwann aus dem Dicos geworfen, in dem wir uns ‚aufgewärmt‘ hatten und als wir uns auch im Nudelladen (den wir danach fanden) nicht mehr aufdrängen wollten, verbrachten wir die letzten Stunden bis zur Abfahrt auf dem Vorplatz des Bahnhofs … ein relativ sinnloser Tag. Aber das hat man schließlich davon, wenn man so schlau ist und nur nachts reist. Der Zug nach Chengdu war dann das eigentlich Erlebnis: Da wir ja so schlau sind haben wir glatt den halben Fahrpreis gespart und uns statt eines Bettes ein Großraumabteil mit 120 Chinesen geteilt. So viel sei gesagt: die Nacht im Bus war um einiges gemütlicher, dafür hat der Zug keine stundenlange Pause mitten in der Nacht gemacht, fuhr dann aber trotzdem noch gute neunzehn Stunden. Zeit genug, sich mit den Mitreisenden anzufreunden, ne runde Karten zu spielen, oder auch einfach nur zu versuchen, auf den mehr als ungemütlichen Sitze ein wenig Schlaf zu finden 

Und was macht man, wenn man nach fünf Monaten aus Lanping heraus kommt und plötzlich mitten in einer Großstadt steht? Genau: so viel Westliches aufsaugen, wie irgendwie geht. McDonald’s, KFC und Subway, Einkaufszentren und U-Bahnen, richtige Clubs und Bars (unter anderem im 21. Stockwerk mit wunderschönem Blick über das nächtliche Chnegdu). Das einzige Manko war dann aber das Wetter: was macht man, wenn man nach fünf Monaten mit maximal 10 bewölkten Tagen in Chengdu steht und dank des Smogs tagelang keine Sonne sieht? Richtig: Selbstmordgedanken bekommen! Da ist das kleine, sonnige Lanping dann doch irgendwie angenehmer. Ein OeB (Objekt erhöhter Begierde) hat Chengdu dann aber doch noch: das deutsche Generalkonsulat! Und was ist die Bürgerpflicht eines anständigen Deutschen? Einmal im Leben zum Generalkonsulat pilgern und den Segen des Botschafters empfangen. Also nahmen Leon und ich uns einen Tag für die Pilgerreise Zeit und verbanden das auch gleich mit einem kleinen Stadtrundgang und einem Abstecher zum Uni-Campus von Chengdu: einem eigenen kleinen Viertel mitten in der pulsierenden Großstadt. Vertrocknete, aber schöne Parkanlagen, keine Autos und die ruhige Stimmung angesträngter Geistesarbeit bildeten eine angenehme Gegenatmosphäre zu der Großstadt! Aber zurück zu unser Pilgerreise: wer glaubt, dass die Pilgerfahrt nach Mekka schwierig ist, der hat noch nie versucht zum deutschen Generalkonsulat in Chengdu zu gelangen! Wobei der Weg nicht das schwierige ist, sondern das liebe Konsulat überhaupt erst einmal zu finden …In der Hinsicht sind uns beispielsweise die Amerikaner um einiges voraus: Eine richtige Festung in eine Seitenstraße, davor chinesische Soldaten, darin amerikanische und darüber US-Flaggen … auch wenn du am anderen Ende der Stadt einen Buchladen suchst, kannst du das amerikanische Konsulat unter keinen Umständen verfehlen!

Wer sich selbst der Herausforderung stellen will und das deutsche Konsulat in Chengdu suchen will, sollte diesen Absatz einfach überspringen! Mitten in Chengdu steht nämlich ein Büroturm, einer wie alle anderen. In der Eingangslobby Starbucks und ein Infopult, Fahrstühle (die auch noch relativ versteckt hinter einigen Gängen liegen) und ein Pförtner, der Autos auf den angrenzenden Parkplatz lässt … wie gesagt: ein ganz normaler Büroturm. Ein kleinen Hinweis gibt es dann aber doch: eine einzelne deutsche Flagge weht neben der chinesischen und der Flagge aus Singapur vor dem Gebäude. Und wer ganz genau hinschaut findet in der Stockwerksübersicht auf dem Schild für den 25. Stock die Aufschrift: Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland. Jetzt nur noch die Aufzüge finden und dann endlich am Ziel! Dachten wir uns zumindest und überlegten uns im Aufzug schon, was wir dem Botschafter sagen wollten … nur um dann, im 25. Stock, vor verschlossener Tür zu stehen: Ein kleiner Flur, mit den Türen der vier Fahrstühle an einer Wand der Beweis, dass wir am Ziel waren (eine goldene Tafel mit dem Bundesadler und der Aufschrift: Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland) und diesem Schild gegenüber eine Zahnarztpraxis! Zumindest hätte es gut eine sein können: Hinter den verschlossenen Glastüren ein Empfangspult, ein ganz normaler Bürogang mit unscheinbaren Türen … das sollte es also sein: das lang ersehnte Konsulat, eine Zahnarztpraxis! An der Tür ein Hinweiszettel mit einigen Telefonnummern und den Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Ich hätte nie gedacht, dass es Menschen gibt, die weniger arbeiten als chinesische Lehrer, aber die Deutschen machen wieder einmal das Unmögliche möglich. Botschafter müsste man sein!

Nach drei Tagen in Chengdu ging es dann mit dem Bus weiter zum Nationalpark JiuZhaiGou. Immerhin wieder ganze zehn Stunden auf der Straße … Auf dem Weg fühlten wir uns dann Deutschland tatsächlich näher, als bei unserer kleinen Pilgerreise: wunderschönes Bergpanorama und Hakenkreuze an den Wänden … fast wie zu den guten, alten Zeiten in Berchtesgaden!

Der Nationalpark ist dann im Grunde ein Tal mit wunderschönen Bergen und einem noch schönerem Fluss, der immer wieder durch noch sehr viel schönere Wasserfälle oder Seen unterbrochen wird. Das Tal entlang läuft dann eine Strasse (auf der Busse die fauleren Gäste zu den schönsten Stellen fahren) und einige Wanderwege, auf denen man das Tal deutlich anständiger und vollkommender erleben kann. Allerdings verhält es sich dann fast genauso, wie mit der Tiegersprungschlucht: Hier sollte man wieder einmal Bilder sprechen lassen …

Der Park hat uns dann noch dazu gezwungen, den deutschen ‚Sparverstand‘ anzukurbeln: Eintritt pro Person, 80 Yuan. Für Studenten die Hälfte … und der deutsche Personalausweis kommt ja quasi einem Schülerausweis gleich, oder!? Und noch einmal 80 Yuan für ein Busticket um sich mit dem Bus durch das Tal fahren zu lassen? Wandern ist doch eh viel schöner und wenn man schon bei der nächsten Station ohne Ticket einsteigen kann … Am zweiten Tag hatten die Ranger dann aber mittlerweile erkannt, dass wir eigentlich gar keine Bustickets hatten … und da wir auch so ziemlich die einzigen Ausländer im Park waren, fielen wir zwangsläufig auf und wurden auch aus dem einen oder anderen Bus wieder heraus geschmissen, weil wir aber auch keine Lust hatten, die knapp 30 Kilometer zum Ausgang zurück zu wandern (und irgendwann auch keine Zeit mehr) blieben wir hartnäckig und konnten schließlich doch noch einen Busfahrer finden, dem nicht bewusst war, dass die Ausländer keine Tickets haben …

Und weil‘s so schön war, hier noch ein paar Bilder:

Joar, vor der Rückfahrt verbrachten wir dann noch einmal zwei Nächte in Chengdu hatten wieder einmal eine … wunderschöne Zugfahrt (bei der auch ein Schaffner an Bord war, der eins zu eins das chinesische Abbild von James aus ‚Dinner for One‘ war, was auch die Stimme mit einbezieht), einen weiteren recht sinnlosen Tag in Kunming und eine letzte Busfahrt, die immerhin 30 Yuan billiger war als die Hinfahrt, dafür waren die Betten dann aber auch nochmal gefühlte 30 Zentimeter kürzer …

Jetzt wieder in Lanping genießen wir noch ein paar ruhige Tage, bevor dann Mitte des Monats das chinesische Neujahr ansteht. Das Wetter ist schön, Projektarbeit und Unterricht unterbrechen auch nicht mehr den Tag und die Gesundheit spielt auch mit, oder anders gesagt … Die schönste Zeit im Jahr, das sind die Ferien!


Happy (Chinese) New Year!

24. Februar 2015

Es ist genau das Selbe, wie in Deutschland: eben noch sieht man unendlich lange Ferien auf ein zukommen und plötzlich befindet man sich schon in der letzten Ferienwoche und blickt dem bald einsetzenden Schulalltag entgegen. Doch bevor es bei uns soweit kommen konnte hatten wir zumindest noch die Chance, den eigentlichen Grund für die Ferien zu zelebrieren: das chinesische Neujahrsfest!

Dafür fuhren wir (David, Leon und ich) nach Liuku um das Fest bei Vicky (einer deutsch-chinesischen Freundin) und ihrer Familie zu verbringen. So spannend, wie man es eventuell erwarten könnte oder unter Umständen irgendwo gelesen hat, ist das eigentliche Fest dann allerdings gar nicht. Es besteht hauptsächlich aus geselligem Beisammensein mit der Familie, spielen und ein wenig Feuerwerk … und natürlich essen, essen und wieder essen!  Und da das alles nicht einfach so von alleine kommt, bestand der letzte Tag vor den Feierlichkeiten im Grunde nur aus Vorbereitungen, und war damit (wenn man es denn so will) sogar der spannendste Tag:

Natürlich musste das Haus geschmückt und das Essen vorbereitet werden. Und wenn Chinesen das Essen fürs Neujahrsfest vorbereiten, scheinen sie tatsächlich alles zu schlachten, was einem so über den Weg läuft. Als vier dicke Forellen geangelt und ausgenommen waren, dachten wir, das wird ja wohl das Festmahl sein! Das die Chinesen das ganze etwas anders sahen, wurde uns spätestens bewusst, als zusätzlich noch ein schöner Hahn und eine dicke Gans ihre Federn lassen mussten. Und weil Federn rupfen ja bekanntlich Spaß macht, kann man ja gleich bei vier kleinen Täubchen weiter machen! Dabei schien man aber ganz vergessen zu haben, dass mittlerweile das Fleisch-Fisch-Verhältnis etwas durcheinander geraten war, weshalb (zum Ausgleich) noch einmal gut 20 Krebse zubereitet wurden … und dazu dann natürlich noch riesige Mengen an allerlei Gemüse und Obst! Insgesamt waren knapp zehn Menschen einen Tag mit der Zubereitung der ganzen Speisen beschäftigt.


Am ‚Silvestertag‘ und dem Neujahr war dann verhältnismäßig nichts mehr los. Der Tag wird größtenteils vom Majiang-Spielen und Essen bestimmt. Ein weiterer wichtiger Part beim Neujahrsfest ist das Gedenken der Ahnen: dabei wir ein kleiner Altar mit Räucherstäbchen aufgebaut, beim Essen (meistens) ein Teil für die Verstorbenen zur Seite gelegt und hin und wieder auch (wie wir‘s aus Deutschland kennen) ein wenig geböllert; hier allerdings um böse Geister zu vertreiben! Über die gesamte Zeit hinweg hört man immer wieder Böller oder Raketen in der Ferne explodieren. Und obwohl das ganze Neujahrsfest so komplett anders ist, als jenes, wie wir es feiern, ist die wahrscheinlich ‚größte‘ Tradition in beiden Kulturen gleich: die erhöhte Raketenkadenz um Mitternacht! Zwar stoßen die Chinesen nicht mit Sekt zum neuen Jahr an (eigentlich stoßen sie gar nicht an), aber um Mitternacht gehen dann doch alle raus und schauen das Feuerwerk an, was dann erst richtig los geht. Nur ist es in China deutlich eindrucksvoller, wenn man von einer Seite des Tals auf die andere schaut und am gesamten Berghang Raketen in den Himmel steigen; na gut, vielleicht nicht unbedingt am gesamten, aber zumindest überall dort, wo Häuser sind. Was freilich schon eindrucksvoll genug ist!

Der Neujahrstag unterscheidet sich dann eigentlich auch nicht vom vorherigen: Majiang und Essen. Nur mit der Ausnahme, dass am 1. Nicht geputzt werden darf, weil man ja schließlich nicht das Glück des neuen Jahres verwischen will. Eigentlich eine gute Tradition, wenn man das Ganze nicht am nächsten Tag weg machen müsste!


So verbrachten wir wirklich entspannte und lustige und interessante Tage bei Vickys Familie, bevor wir dann noch einmal für zwei Tage in Liuku vorbeischauten, weil wenn man schon einmal dort ist, kann man ja auch gleich ein paar Tage Sommerurlaub genießen, oder? Und genauso fühlt es sich an, wenn man aus dem winterlich kalten Lanping ins deutlich wärmere Liuku kommt.


Nun sind wir wieder im winterlich kalten Lanping und sitzen, wie bereits zu Beginn angedeutet, die letzte Woche der Ferien ab, bis dann im März endlich wieder der gute alte Schulalltag über uns hereinbricht. Wobei wir neben 4 deutschen und mindesten 2 chinesischen Geburtstagen, sowie dem Zwischenseminar von Baumhaus (wieder in Liuku) wohl kaum Zeit für die Schule finden werden … aber wir werden sehen. Wir freuen uns auf jeden Fall auf einen mehr als ereignisreichen Monat und ihr dürft euch dann natürlich auch auf ein paar (hoffentlich) interessante Blogartikel freuen!


Eine aktuelle Sache haben ich noch: und zwar wird, wie gesagt Mitte März das Zwischenseminar von Baumhaus in Liuku stattfinden. Bei diesem Seminar müssen wir (freiwilligen) uns dann auch entscheiden, ob wir uns auf einen Posten als Verlängerer für das Projekt bewerben wollen und da ich ja schon mehrmals mit dem Gedanken gespielt habe, sehe ich durchaus die Möglichkeit dafür. Nun will ich gar nicht lange reden und euch möglicherweise beeinflussen, sondern gleich zum Punkt kommen: Und zwar möchte ich mir noch einmal gerne einige Meinungen von euch, also meiner Familie und Freunden, oder aber auch ‚komplett‘ Fremden einholen um zu wissen, was ihr darüber denkt, was ihr an meiner Stelle machen würdet oder, wie ihr womit leben könntet. Ich wäre also sehr dankbar, wenn ihr euch kurz Zeit nehmen könnte und die kleine Umfrage beantworten würdet, die ich vorbereitet habe:


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