Die Reinkarnation eines Hobbys

5. Oktober 2015

Herzlich willkommen zurück, zu einem neuen Bericht auf meinem Blog! Heute wollen wir mal einen genaueren Blick auf eine kommunistische Planstadt und ihre Geschichte, ein emotionales Déjà-vu, sowie den Alltag eines nichtchinesischen, chinesischen Lehrers werfen. Ach ja, mit Wiedergebruten werden wir uns heute auch noch beschäftigen.

Aber beginnen möchte ich zunächst mit einem kurzen Überblick über meine letzten Wochen in China geben. Gegenüber ersten Ankündigungen habe ich mich nämlich doch gegen das Reisen entschieden und somit vier relativ normale Arbeitswochen in Jinggangshan verbracht.

So, genug zusammengefasst, stürzen wir und mal in das heutige Program: und beginnen möchte ich gleich mal mit dem sehr, sehr emotionalen Déjà-vu! Während man in Deutschland die Wiedervereinigung feiert und jedes Jahr neu darüber diskutiert, wie gelungen sie sei, feiern auch die Chinesen mit dem National-Day, am ersten Oktober, den wichtigsten politischen Feiertag des Jahres. Und direkt davor (drei Tage) wurde dieses Jahr das, nach dem chinesischen Neujahr, zweitwichtigste gesellschaftliche Fest gefeiert: das Mid-Autumn Fest. Und das war immerhin die erste bisschen chinesische Kultur, dass wir letztes Jahr bei unserer Ankunft in Fernost erleben durften. Und unweigerlich wurde ich wieder an Leons und meinen ersten Kontakt mit dem legendären Mondkuchen vor einem Jahr erinnert, als Leonard uns noch davor warnte und das erste, was man uns anbot tatsächlich der damals noch recht gewöhnungsbedürftige Mondkuchen war. Auch dieses Jahr wurde mir das beliebte Gebäck überall hinterhergeworfen: im Lehrerzimmer, auf dem Hof von Schülern, in der Stadt, im Nudelladen, oder auch auf dem Dorf. Mit dem feinen Unterschied, dass man, nach einem Jahr chinesischer Küche, diesem Kuchen sogar noch etwas abgewinnen kann, ja einige sogar regelrecht als lecker einzustufen sind!

Moment, Dorf … was denn für ein Dorf!? Sehr gut aufgepasst! Ich werde mich erklären: In China, dem Land der Wanderarbeiter und der Internatsschulen, in dem man kaum eine Möglichkeit hat seine Familie regelmäßig zu sehen (und das, obwohl die Familie in der chinesischen Tradition das wichtigste im Leben ist) gibt es zwei Feste, in denen man frei bekommt und seine Familie besuchen kann: das Neujahrsfest im Frühling und das Mid-Autumn Fest im Herbst. Und da ich ja keine Möglichkeit hatte, während dieser Zeit meine Familie zu besuchen, lud mich eine Englischlehrerin kurzerhand mit zu ihrer Familie auf das Land ein. Und so fuhren wir hinaus auf ein kleines Dorf, in der Nähe von Longshan (dazu später mehr) und feierten also das Mid-Autumn Fest im Kreise der Familie, wenn auch nicht meiner …

Neben einer wunderschönen Zeit auf dem Land, mit superleckeren Essen, hatte das Mid-Autumn Fest auch noch einen weiteren Vorteil: Schulfrei! Und mit dem National-Day und, diese Woche stattfindenden Prüfungen addiert sich das Ganze dann zu zwei Wochen Freizeit auf. Eigentlich ganz nett, sollte man denken, aber tatsächlich wird es dann doch irgendwann ein wenig langweilig, besonders weil einem die deutsche Gesellschaft fehlt. Chinesen sind wirklich nette Menschen, aber zu viel mit zu vielen zu machen ist auch irgendwie unmöglich, wenn einem der deutsche Ausgleich fehlt. Und diese Stadt bietet auch einfach nicht die Möglichkeit, sich allzu lange ganz alleine zu beschäftigen. So beschränkt sich meine Freizeitbeschäftigung momentan auf Spazierengehen in den ausgedehnten, wunderschönen Parkanlagen der Stadt, dem Laufengehen in eben diesen, dem abendlichen BBQ, lesen und der Wiedergeburt einer alten Lanping-Tradition: dem Burgers-Day, an jedem Freitag! Das mag jetzt alles erst mal relativ einsam klingen, aber nach zwölf Monaten mit sechs Idioten auf mehr oder weniger engem Raum ist so ein wenig Ruhe auch echt schön, auch wenn die Neuen jetzt endlich mal kommen könnten. Ach ja, und ein weiteres, altes Hobby hat hier in den letzten Wochen sein Comeback erlebt: das Badminton spielen! Mit meiner Legalisierung als Ausländer habe ich mir nämlich einen Platz in der Hobby-Truppe der Englischlehrerinnen ergattert, die sich regelmäßig in der örtlichen Turnhalle auf eine Runde Badminton treffen und nach über einen Jahr hatte ich dann endlich wieder mal einen Badmintonschläger in der Hand … und was soll ich sagen, bis auf meine desaströse Kondition, war es auch eigentlich gar nicht mal so schlimm, um nicht zu sagen super toll!

Das ‚ausländischer Lehrer‘-Sein bring natürlich auch in Jinggangshan die gewohnten Vorteile mit sich: selbstverständliche Aufnahme in Sportmannschaften, Einladungen zu Festen und Feiertagen, natürliche Autorität, und und und … Als es bei einem kleinen Sportfest vor den Feiertagen plötzlich anfing zu regnen, warne natürlich sofort ein ganzes Dutzend Schüler zur Stelle um dem Herrn Ausländer einen Regenschirm hinzuhalten, auch wenn für einen selbst dann leider kein Platz mehr darunter war … Letztendlich ist der Ausländerbonus hier sogar noch deutlicher ausgeprägt, als in Lanping oder Liuku, denn während das Nujiang- Tal seit sieben Jahren regelmäßig von Ausländern heimgesucht wird und sich auch davor schon sicherlich der ein oder andere dorthin verloren hat, hat JGS schlichtweg keinerlei Erfahrungen mit Fremden, bevor im letzten Jahr erstmals Baumhausler dort eingetroffen sind. Als die kommunistische Stadt schlechthin war es Ausländern nämlich sogar lange Zeit verboten Jinggangshan zu betreten. Das Verbot wurde endgültig erst vor einigen Jahren aufgehoben. Und so ist es kaum verwunderlich, dass Ausländer hier immer noch die Sensation des Tages sind, wenn nicht gleich der ganzen Woche. Ob nun der ältere Mann auf dem Land, der sich freut wie ein kleines Kind, wenn sich der Ausländer mit im hinsetzt und eine Tasse Tee trinkt, der Sohn des Nudelladen-Besitzers, der bei seiner Freundin punkten kann, weil der Ausländer immer wieder im Laden des Vaters Nudeln essen kommt, oder die BBQ-Besitzer, die eifersüchtig zu ihrer Kollegin starren, weil sie das Glück hat den Stammstand des Ausländers zu führen. Überall wo man hinkommt ist einem die ungeteilte Aufmerksamkeit gewiss! Und was die ganze Sache nur noch besser macht, ist die Tatsache, dass ich jedem Menschen erklären muss, dass ich momentan der einzige Ausländer in der Stadt bin, da die anderen erst in einigen Wochen kommen … es scheint fast so, als sein ich, irgendein blöder, deutscher Abiturient, der Botschafter für alles was hinter der chinesischen Mauer so abgeht! Aber in nicht einmal zwei Wochen ist der ganze Spuck dann ja auch leider, zum Glück vorbei …

Zum Schluss nochmal eine kleine Geschichtsstunde: wie ich mittlerweile ja schon öfters angekündigt habe, genießt Jinggangshan eine recht ereignisreiche Geschichte und ist deshalb auch für fast jeden Chinesen ein Begriff. Wer mal Urlaub in China macht, kann es ja gerne mal ausprobieren, Jinggangshan sollten die meisten kennen, was für eine Größe von nicht einmal 150000 Einwohner schon recht erstaunlich ist. Vor allem frage ich mich auch immer wieder, warum dieser Stadt so viel Bedeutung zugemessen wird, dieser Stadt in der der geliebte Mao es nicht mehr aushielt und mehrere Tausend Kilometer weit weg wanderte um hier raus zu kommen … aber naja, Chinesen halt.

Aber die ganze Stadt ist halt ein kommunistisches Vorzeigeprojekt: durchgeplant, breite Straßen, große Bauten, weitläufige Parks und überall Ehrenmäler, die an die Geschichte dieses Ortes erinnern. Und während des Mid-Autumn Festes hatte ich dann noch die Gelegenheit, abseits von dieser Modernen Planstadt, die eigentlich gar nichts mit Mao und den ‚alten‘ Kommunisten zu tun hat, in die echte Geschichte einzutauchen und die elitäre Privatschule in Longshan zu besichtigen. Besagte Schule ist bereits seit einigen Jahrzehnten nicht mehr in Betrieb und abgesehen von einer wunderschönen Architektur auch nicht sehr beeindruckend, wäre da nicht die Geschichte. Denn in genau dieser Schule lebte Mao und einige seiner wichtigsten Begleiter während ihrer Zeit in Jinggangshan. Das ist dann schon ein starkes Gefühl, genau dort gestanden zu haben, wo Mao wohl früher stand und auf derselben Bank Platz zu nehmen, auf der auch Mao damals gesessen hatte. Die Frage der Englischlehrerin, ob ich vor meinem Jahr in China denn schon mal von Mao gehört hätte war dann auch noch der komödiantische Höhepunkt dieses kleinen Geschichtstrips.

So, so, so … das wäre es also erst mal für heute aus JGS. Um all die Leute zu beruhigen, die die täglichen Nachrichten verfolgen kann ich nur sagen, dass ich weder von den Paketbomben in Liuzhou (was ziemlich genau in der Mitte zwischen JGS und Lanping liegt) noch von den schweren Unwettern in Südchina und Hainan etwas mitbekommen habe, mi geht es gut! Und momentan freue ich mich nur noch auf meine letzten Tage in deutscher Einsamkeit, auf die neuen Freiwilligen, die diese Einsamkeit dann recht bald durchbrechen werden, meinen Bruder, der meine letzten Wochen in China noch einmal nutzt um mich hier zu besuchen und dann natürlich auf das eine Flugzeug, dass in zwei Monaten dann die Ehre haben wird, mich wieder in die alte, geliebte Heimat zu bringen …


So viele Freunde!

26. Oktober 2015

Es wirkt fast ein wenig, wie die lang erhoffte Oase in der unendlichen Weite der Wüste … Denn nach über sechs Wochen, als einziger Ausländer unter Chinesen, wurde Jinggangshan in den letzten Tagen von einer unglaublichen Masse an Ausländern geradezu überrollt, und der normale Jinggangshanler kann jetzt sicher nachvollziehen, wie sich der patriotische Europäer gerade fühlt – oder auch nicht!

 

Vor nun schon mehr als einer Woche brach ich mit dem Zug auf, nach Nanchang, der Hauptstadt von Jiangxi, um an dem dortigen, internationalen Flughafen die neuen Freiwilligen in Empfang zu nehmen. Also: Nachmittags rein in den Zug und vier Stunden Später, am frühen Abend in Nanchang wieder heraus … an einem Bahnhof, der in einem riesigen Gewerbe- und Wohngebiet steht, oder es zumindest tun wird, wenn sie in einigen Jahren fertig gebaut sind. Denn momentan liegt der Bahnhof lediglich am Ar*** von Nanchang in mitten einer riesigen Baustelle. Also hieß es dann erst mal einen Bus in die eigentliche Stadt zu finden, noch kurz etwas zu essen zu ergattern und dann völlig erschöpft in das erstbeste Hotelbett zu fallen. Morgen sollte schließlich ein ehrwürdiger Tag werden.

Also, nicht lange schlafen, kurz ein wenig Reis frühstücken und mit dem wiedermal erstbesten Bus zum Flughafen, der ähnlich wie der Bahnhof am Ar*** der Stadt liegt … diesmal allerdings am anderen Ende! Und dann hieß es erst mal warten, warten, warten … Da ich die genaue Ankunftszeit der Neuen noch nicht wusste, erschien ich lieber zu früh, denn zu spät und hatte deshalb ein paar Stunden auf dem Flughafen, die tot geschlagen erden wollten! Neben vielen sinnlosen Beschäftigungen wurde die Zeit dann genutzt, um sich mit ein paar Studenten aus Nanchang anzufreunden, die mit über 20 Leuten zum Flughafen gekommen waren um während des ganzen Tages (6 bis 22 Uhr) insgesamt acht Gäste einzusammeln, die ihre Hochschule erwartete … So machen das also die Chinesen. Während ich alleine für lediglich vier Stunden Wartetete um dann ebenfalls acht Personen in Empfang zu nehmen. Aber Naja!

Und dann war es endlich so weit: nach sechs Wochen, 50 Tagen, nach vielen, vielen einsamen Stunden unter Chinesen standen sie also vor mir: die neuen Baumhaus-Freiwilligen aus Jinggangshan für 2015/16 … oder zumindest der größte Teil davon. Das Abenteuer ‚Verlängerer‘ ging also nun wirklich los. Und das auch gleich mit der ersten (größeren) Aufgabe: denn besagte Freiwillige wollten ja noch von Nanchang nach Jinggangshan gelangen. Also direkt (nach ein paar kurzen Willkommensworten) in den nächsten Shuttle und ab zum Bahnhof – diesmal allerdings der Ost-Bahnhof, der direkt in der Stadt liegt, warum man dort nicht auch hin, sondern lediglich ab fahren kann, weiß wohl nur der liebe Gott – und mit dem nächsten Zug nach Jinggangshan. Und weil das ganze viel zu einfach klingt, funktionierte es natürlich auch nicht. Denn tatsächlich fuhren zu dieser Zeit keine Züge mehr nach Jinggangshan, wodurch wir gezwungen wurden, zunächst nach Ji’an, zumindest in die richtige Richtung zu fahren. Dort ging es dann zunächst einmal in ein kuscheliges Hotel (es war mittlerweile neun Uhr abends) und vor dem zu-Bett-gehen gab es dann noch natürlich, wie sollte es in China anders sein, ein erstes, richtig chinesisches Willkommensessen und nach einem mitternächtlichen Verdauungsspaziergang ging es dann endlich ins Bett. Eine kurze Etappe stand am nächsten Tag ja noch an …

Der frühe Vogel fängt den Wurm, weiß jedes Kind! Aber wenn dieser frühe Vogel einfach zu lange den Wurm sucht, verpasst er unter anderem auch schon einmal den Zug … Auf der Suche nach einem typisch chinesischen, Bauzi-Frühstück für die Neuen lief die Zeit dann nämlich ein wenig schneller als erwartet und urplötzlich sahen wir uns durch den Bahnhof, die Sicherheits- und Kartenkontrollen stürmen, mit einigen (ebenfalls etwas verspäteten) Chinesen die Abfahrt des Zuges so lange wie möglich hinaus zu zögern und schließlich doch noch alle, vollzählig im Zug nach Luft ringend. Der letzten Etappe stand nun also nichts mehr im Weg!

Der Rest des Tages war dann eigentlich nur noch chinesisches Standardgetue: Willkommensdelegation am Bahnhof von JGS, Willkommensessen mit Lehrern, Schulleitern und Parteimenschen, Aufteilung und Fahrt zu den Schulen, und Übergabe der Zimmer. Danach dann den ersten gebratenen Reis in der neuen Heimat und einen ersten kleinen Erkundungsspaziergang und dann ab ins Bett!

Vier Tage später bekam die Ausländerfront dann noch einmal Verstärkung, als Joni und Leon in JGS eintrafen. Beide aus meiner Generation, Joni aus Liuku und Leon, mein alter Schulpartner aus Jinding, hatten sich die letzten zwei Monate mit dem Fahrrad von Kunming nach Shanghai durch Südchina gearbeitet und wollten nun noch einmal, bevor es dann bald zurück nach Deutschland geht, ein wenig Urlaub in unmittelbarer Umgebung des Baumhaus-Projektes machen. Damit stieg die Ausländerzahl dann von anfangs lediglich einem (mir) auf dann 11 an … und das ist dann doch schon einmal etwas! Während die Neuen sich allmählich einlebten, die Stadt kennen lernten, mit dem Unterrichten anfingen, erste chinesische Freundschaften schlossen und sich an das Essen gewöhnten gab es für mich noch ein kleines Déjà-vu: weil eine Freiwillige ein kleines Problem mit der Beschaffung des Visa hatte und ihr Visa nicht mehr rechtzeitig ausgestellt werden konnte, reiste sie eine Woche später als die anderen an. Und das hieß für mich dann wieder in den Zug, nach Nanchang, zu dem bekloppten Bahnhof in der Mitte einer Baustelle, durchschlagen zur Stadt, Essen, Hotel, am nächsten Tag zum Flughafen am anderen Ende der Stadt, warten, warten, warten, Shuttle zum Bahnhof (dem anderen) mit dem Zug nach Ji’an, erstes Willkommensessen, mit dem Zug nach JGS … soweit eigentlich bekannt, lediglich mit zwei kleinen Änderungen: so gesellte sich auf der ganzen Tour Ulli, eine der Neuen zu mir um mir ein wenig Gesellschaft zu leisten und zum anderen sparten wir uns die zweite Nacht in Ji’an und nahmen einen Zug um Mitternacht direkt nach JGS. Dadurch wurde die ganze Tour zwar ein wenig erträglicher als mein erster Ausflug und auch die Tatsache, dass ich nun wusste, was kommen würde ist sicherlich positiv zu bewerten, und doch kann man sich in jedem Fall tausend Ding vorstellen, die deutlich schöner sind, als zwei Tage auf der Stracke zu verbringen! Aber naja …

Jetzt sind auf jeden Fall erst einmal alle Ausländer in JGS, die hier in nächster Zeit zu erwarten sind. Für die Neuen beginnt ein aufregendes Abenteuer, mit ganz neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Sichtweisen und auch für mich ist ein weiteres, abenteuerliches Kapitel in der Geschichte China angelaufen. All die Erlebnisse, die jetzt auf die Neuen zukommen, die erste Unterrichtsstunde, die ersten kulinarischen Spezialitäten und und und, es ist wirklich erstaunlich, das alles nach dieser langen Zeit wieder hautnah mitzuerleben und sich dadurch auch wieder an meine bescheidenen Anfänge vor nun schon fast vierzehn Monaten zurück zu erinnern und wohl zum ersten Mal so deutlich wie nie zuvor zu realisieren, wie sehr ich mich wohl doch während dieser Zeit verändert habe, wenn man einmal darüber nachdenkt, wie ich jetzt über Fragen lache, die ich vor einem Jahr noch selbst völlig selbstverständlich gefragt habe …

Über meine Erlebnisse und Eindrücke mit und über die Neuen werde ich hier in knapp einem Monat noch einmal ein paar Zeilen verlieren. Nur so viel: alle sind gut angekommen, die Gruppe ist (bis jetzt) einfach Spitze und China hat sie bisher auch noch nicht klein bekommen … die Stimmung ist super!

 

Jetzt genieße ich noch die letzten Tage mit meinen alten und den neuen Mitfreiwilligen, bevor es dann auch schon bald in den Urlaub mit meinem Bruder zurück in meine alte Heimat, Yunnan geht, ihr dürft also gespannt sein und euch über einen interessanten Urlaubsbericht in zwei, drei Wochen freuen …


Ein etwas anderer Urlaub

25. November 2015

Eigentlich sollten das hier jetzt zwei Berichte über die letzten drei und die nächste Woche werden, aber weil sich dann doch der ein oder andere Plan etwas abgeändert hat, gibt es jetzt hier ‚nur‘ einen Bericht über die letzten drei Wochen. Inklusive Familienurlaub, Behördenstress, Spontanreisen und letztendlich meiner, zugegebenen etwas verfrühten Ausreise aus China. Aber von vorne …

 

Nach meinen ersten zwei Wochen Verlängererarbeit mit den Neuen in JGS ging es für mich wieder in meine ‚alte‘ Heimat Yunnan, da mich mein Bruder für zwei Wochen besuchen kam und ich ihm ein wenig die Gegend näher bringen wollte, in der ich mein Freiwilligenjahr hauptsächlich verbracht hatte. So ging es also wieder einmal mit dem Zug auf den Weg quer durch China, von JGS nach Kunming. Von da an standen dann Liuku und Fugong, beide im Nujiang-Tal, sowie die Altstadt von Dali und sein See und natürlich das gute, alte Lanping auf unserer Reiseroute. In Liuku durften wir dann die Bekanntschaft der dortigen, neuen Freiwilligen machen und auch einen tollen KTV-Abend verbringen, in Fugong fanden wir zwar einen Haufen schöner Berge, aber den einen, den wir eigentlich gesucht hatten, erreichten wir leider nicht mehr: den berühmten Mondberg. Und Dali war dann schließlich geprägt von dem supertollem Herbstwetter, das Nord-West Yunnan zu dieser Zeit so an sich hat und natürlich der wundervollen Gegend, allen Voran der See … Ein paar Eindrücke:

Unser Besuch in Lanping war dann natürlich noch einmal eine besondere Erfahrung, für mich mindestens genauso, wie für meinen Bruder! Schließlich hatte ich selbst seit gut drei Monaten keinen Fuß mehr in diese allzu bekannten Straßen gesetzt. Und auch wenn es wirklich bewegend war, nach all dieser Zeit wieder durch Lanping und Jinding zu wandern, war das eigentlich Tolle doch, all die Menschen wieder zu treffen, die unser Jahr in Lanping so einzigartig gemacht hatten: ob Lehrer, Schüler oder einfach nur ‚normale‘ chinesische Freunde! Ob beim Hotpot, Billard oder auch einfach nur in den sonnigen Straßen … Es fühlte sich schon auf jeden Fall an, als würde man irgendwie nach Hause zurück kommen und ich bin mir nun sicher, dass ich mich eines Tages aufrappeln werde um wieder nach Nujiang zu finden!

Das war dann eigentlich auch schon der kurze, reich bebilderte Überblick über meine Brudertour 2015, back2Yunnan und eigentlich könnte der Bericht hier schon enden, aber ich hatte euch ja noch Behördenstress, Spontanreisen und meine verfrühte Ausreise versprochen … also na gut, machen wir weiter! Oder besser gesagt, gehen wir erst einmal zurück: Denn der eigentliche Grund, für unseren Abstecher in Liuku war nicht etwa der der reinen Vergnügung, vielmehr ging es für mich darum, ob ich meinen Verlängererdienst so zu Ende bringen können würde, wie geplant. Denn mein aktuelles Visum lief am 17. November aus, wobei mein Dienst für Baumhaus und JiA erst am 1. Dezember beendet sein wird. Und da ist das dann Problem relativ einfach zu erkennen: mir fehlten gute zwei Wochen! Also ging es nach Liuku, um mein Visum noch einmal zu verlängern, etwas umständlich aber was tut man nicht alles, um dieses Jahr hier geregelt zu Ende zu bringen und nicht frühzeitig nach Hause zu müssen. Und da sind wir dann auch schon bei dem ersten Punkt angekommen: dem Behördenstress. Nachdem wir etliche Offizielle, Behörden und Regierungsbüros abgeklappert hatten, wurde dann relativ schnell relativ sicher, dass es nicht möglich sein würde, mein Visum noch einmal zu verlängern. Das hieß dann also für mich, dass ich bis zum 18. November China verlassen haben musste. Und da knüpfen wir doch gleich nahtlos an die Spontanreise an! Denn eine letzte Chance gab es für mich noch: Hongkong! Die Sonderzone, die bis 1947 zu Großbritannien gehörte genießt schließlich noch heute besondere Privilegien, unter anderem nicht nur eigenes Geld, sondern auch eine eigene ‚Grenzpolitik‘. So verlässt man bei der Einreise nach HK offiziell die Volksrepublik und kann dann, von ‚außerhalb‘ Chinas ein neues Touristenvisum für zunächst 30 Tage beantragen. Und das war dann auch der Plan …

Also setzte ich meinen Bruder in Kunming in den Flieger zurück nach Deutschland und betrat selbst den Zug zurück nach JGS, wo ich meine gesamten Sachen packte und mich auf den Weg nach HK auf machte. Warum die Sachen packen!? Das Problem ist, dass ich bereits seit über einem Jahr in  China war und es dadurch relativ unsicher war, ob man mir noch ein normales Touristenvisum zugestehen würde. Ich musste also damit rechnen, in HK kein Visum zu erhalten und von dort dann direkt, etwas verfrüht, nach Deutschland zurück kehren zu müssen. Kommen wir nun also zu dem letzten, versprochenen Punkt: meiner verführten Ausreise aus China. Am 17. November verließ ich also China und erreichte HK mit dem Zug, noch völlig im Ungewissen, ob ich in einer Woche wieder in JGS, oder doch bereits in Deutschland sein würde.

Da ich am frühen Vormittag in HK ankam, konnte ich direkt zur Visa-Agentur durchstarten, dort die nötig Papiere einreichen und musste dann nur noch gut zwei Tage darauf warten, ob man mir nun das so sehr ersehnte Visum ausstellen würde oder nicht … Und so konnte ich der ganzen Tour dann auch noch seine schönsten Seiten abgewinnen und gute zwei, wunderschöne Tage in HK als Tourist genießen und so auch ein wenig die Anspannung abwerfen, die mich immer zu daran denken ließ, ob es nun mit dem Visum klappen würde, oder nicht …

Am 19. November kehrte ich dann zu besagter Agentur zurück, erhielt dort einen recht offiziell aussehenden Brief und die Anweisung, nach Shenzhen, an der Grenze zu China zu fahren, und dort würde man mir dann, vielleicht, ein Visum geben. Die nervige Unwissenheit ging also weiter und fraß sich während der einstündigen Zugfahrt durch das Hongkonger Hinterland immer tiefer … im Nachhinein aber völlig unbegründet: An der Grenze schauten sich die Beamten nur kurz meinen Pass und den Brief an, und innerhalb von wenigen Minuten fand ich ein neues Visum, gültig für 30 Tage, in meinem Pass und wurde weiter zu Grenzkontrolle geschickt … und das Ganze nach dem bekloppten Kindergarten, der der ganzen Show voraus gegangen war, nach Liuku, den Enttäuschungen und der tagelangen Unwissenheit vor und während HK … aber naja, was soll ich sagen: ich bin zumindest zurück in China: back2China!

 

Jetzt sitz ich also, nach all dem ganzen Strass der letzten Tage und Wochen wieder in meiner Wohnung im viel zu kalten JGS, versuche meine Wintererkältung mit gutem chinesischem Tee zu bekämpfen und freue mich nun auf meine letzten drei, gemütlichen Wochen in China.

 

Moment … hat er gerade drei gesagt? Geht sein Dienst nicht nur bis Ende November und nicht bis Mitte Dezember!? Gute aufgepasst, das tut er in der Tat. Aber nach all den Strapazen und den Kosten, die mit HK verbunden waren, habe ich mich dazu entschieden das Visum, dass ich nun habe auch ein wenig zu nutzen und noch einmal ein wenig zu verlängern … Ich werde nun am 16. Dezember in Deutschland landen, und dann endlich und auch sicher mein China-Jahr beenden. Der Flug ist auch schon gebucht, von daher kann ich euch dieses Mal wirklich versprechen, dass der 16. steht! Ich komme wieder … ganz sicher!


Frohe weihnachtsgrüße - aus Deutschland

23. Dezember 2015

Und dann bin ich nun einfach so wieder daheim, in Deutschland! Seit mitlerweile einer Woche schon und nun endlich komme ich dazu, hier wieder ein paar Zeilen zu hinterlassen ... die wahrscheinlich erstmal letzten dieses Blogs :/

Nach über 15 Monaten in China ging es für mich also wieder nach Deutschland. Direkt vom JGS-Flughafen aus (nach einer halbstündigen Taxifahrt), ging es gemütlich mit dem Flieger nach Guangzhou, wo ich am dortigen Flughafen auch erstmal mindestens genau so gemütliche 12 Stunden auf meinen Anschlussflieger nach Paris warten durfte. Nur, um dann zu erfahren, dass eben dieser Flieger natürlich überbucht war. Doch, für die Chinesen überhaupt kein Problem: nach einer halben Stunde Hin- und Hergeschiebe hatte ich schließlich einen neuen Flug über Amsterdam, mit dem ich nur eine halbe Stunde früher in Hamburg ankommen sollte. Und ganz nebenbei hatte man mich zur Entschädigung für die Umstände von der Economy Class, in die erste Reihe der Business Class umgebucht. Bei unerhofftem Freiraum, in die Breite und für die Beine, einer bevorzugten Behandlung beim Check-In und einer, um eine halbe Stunde kürzeren Reisezeit, konnte ich den Stress am Flughafen also gerade so verzeihen :D

Und knapp 35 Stunden, nachdem ich JGS zum letzten Mal verlassen hatte war ich dann wieder in Kiel, einfach so ... nach 15 Monaten in China, nach fast 40,5 Millionen Sekunden in einer anderen, einer neuen Heimat.

Und ich muss sagen, dass ich nun, in dieser ersten Woche China, so schön und prägend die Zeit auch war, eigentlich gar nicht vermisst habe! Vielleicht hatte ich auch einfach viel zu viel damit zu tun, auf Deutschland und die Familie klar zu kommen, alte Freunde wieder zu treffen, den Weihnachtsmarkt abzuklappern und mich auf das Weihnachtsfest vorzubereiten. Ich weiß es nicht ... Auf jeden Fall habe ich die erste Woche 'back2Germany' in vollen Zügen genossen und bin echt froh, wieder zu Hause zu sein ... auch, wenn die Rückkehr dann doch nicht so besonders war, wie ich es erwartet hatte: ich war halt einfach wieder da. Aber wirklich besonders war das Gefühl dann doch nicht ... eher so, als wäre ich von einem Campingausflug nach einem langen Wochenende wieder gekommen. Mal schauen, ob und wann das China-Heimweh doch noch einsetzt ...

Ich genieße also weiterhin die Zeit in Deutschland und freue mich jetzt natürlich ganz besonders auf Weihnachten (besonders es so zu feiern, wie es sich gehört), dann auch endlich die 'ganze' Familie wieder zu treffen und natürlich auf die gute Weihnachtsgans, die ich dann doch einem Bauzi vorziehe ...

In diesem Sinne: ein frohes, frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2016 an euch alle, ob in Deutschland, China oder wo auch immer ihr diese besinnlichen Tage verbringt! :**

Ganz zum Schluss möchte ich dann schließlich auch noch einmal Danke sagen!

Danke an Jugend im Ausland in Kiel und Baumhaus in Eckernförde dafür, dass sie es mir ermöglicht haben, für diese unglaubliche Zeit in China zu sein und einmalige Eindrücke und Erfahrungen, sowie unersetztbare Freundschaften wieder mit nach Deutschland zu nehmen!

Dabei natürlich auch Danke an all meine Spender, die mit ihren Gaben mindestens genauso mein Abenteuer ermöglicht haben, wie JiA und Baumhaus!

Danke an all die, die mich direkt in China begleitet haben. An Leon, Simon, David, Pascal und Philipp für ein unvergessenes Jahr in Lanping und natürlich auch an Luana, Marlen, Leonie, Naze, Ulli, Ecki, Justin und Martin für eine mindestens ebenso schöne Zeit in Jinggangshan, die leider viel zu kurz war. Und natürlich auch an all meine Baumhaus-Mitfreiwilligen, die mich in diesen 15 Monaten begleitet haben!

Und zu guter Letzt natürlich auch ein riesengroßes Danke an Dich! Dich, der Du mich durch dieses Abenteuer von Deinem Rechner aus begleitet hast, ob offen oder im Verborgenen, ob regelmäßig oder nur ab und zu! Dafür, dass Du doch immer irgendwie dabei warst ...

Danke!!! Und frohe Weihnachten!! Und auf Wiedersehen!